Weiter nichts Erhellendes zur Dunklen Materie
Nach der mysteriösen Dunklen Materie wird nicht nur im Weltraum gesucht, sondern auch in Braunschweig.
Klaus Herzig |
Astronomische Beobachtungen weisen schon seit den 1930er Jahren auf die Existenz sog. „Dunkler Materie“ hin, die über 80 % der gesamten Materie im Universum ausmacht und möglicherweise nur über Gravitation mit der uns bekannten, sichtbaren Materie wechselwirkt, was ihren Nachweis extrem erschwert. Insbesondere wurde bisher keine Wechselwirkung mit Photonen, den Elementarteilchen des Lichts, nachgewiesen. Insofern ist die Bezeichnung „dunkel“ für diesen Typ von Materie durchaus richtig gewählt. Es ist ein großes Rätsel, woraus Dunkle Materie besteht und ob es bisher unbekannte Wechselwirkungen mit herkömmlicher Materie gibt.
Es wurden schon viele Lösungen für die Dunkle Materie vorgeschlagen, die meist auf exotischen Teilchen wie Axionen oder WIMPs beruhen – falls wir nicht die extremst genau bestätigte Allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein über den Haufen werfen wollen. Einer dieser theoretischen Ansätze besagt, dass Dunkle Materie aus Teilchen bestehen könnte, die extrem leicht sind und sich nicht wie einzelne Teilchen, sondern wie eine Welle verhalten: sog. „ultraleichte“ Dunkle Materie. In diesem Fall würden bisher unentdeckte, schwache Wechselwirkungen der Dunklen Materie mit Photonen zu kleinsten Oszillationen der Feinstrukturkonstanten führen. Die Feinstrukturkonstante ist diejenige Naturkonstante, die die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung beschreibt. Sie legt die atomaren Energieskalen fest und beeinflusst damit auch die Übergangsfrequenzen zwischen den verschiedenen Energieniveaus in den Atomen, die in Atomuhren als Referenz genutzt werden. Da verschiedene Übergänge unterschiedlich empfindlich auf mögliche Änderungen der Feinstrukturkonstanten reagieren, können Vergleiche von Atomuhren für die Suche nach ultraleichter Dunkler Materie genutzt werden. Um das zu testen, hat man an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig erstmals eine Atomuhr, die besonders sensibel für mögliche Änderungen der Feinstrukturkonstanten ist, für eine solchen Suche eingesetzt.

Dafür wurde diese Atomuhr mit zwei anderen Atomuhren von geringerer Sensitivität über mehrere Monate in Messungen verglichen. In den resultierenden Messdaten wurden Oszillationen gesucht, sozusagen die Signatur der ultraleichten Dunklen Materie. Leider fand man keine signifikanten Oszillationen. Ein Aufspüren der rätselhaften Dunklen Materie ist demnach auch auf diesem Weg nicht gelungen. Bestehende experimentelle Nachweisgrenzen für eine mögliche Kopplung wurden durch die Versuchsreihen aber um mehr als eine Größenordnung verbessert, und zwar über einen weiten Bereich von möglichen Massen der hypothetischen Dunklen Materie-Teilchen. Deren Beschaffenheit und mögliche Wechselwirkungen konnten damit weiter eingegrenzt werden. Was genau Dunkle Materie ist, bleibt aber auch nach diesem Experiment im wahrsten Sinne im Dunkeln.

Gleichzeitig ging man in Braunschweig auch der Frage nach, ob sich die Feinstrukturkonstante nicht doch im Laufe der Zeit wegen anderer Effekte verändert, indem ihr Wert zum Beispiel sehr langsam zu- oder abnimmt. Eine solche Änderung hat man in den Daten nicht gefunden. So konnten auch hier bestehende Limits verschärft werden. Die Konstante bleibt demnach auch über lange Zeiträume konstant, so wie es sich für eine Konstante ja eigentlich auch gehört.

Dieser Text basiert u. a. auf Material einer Pressemitteilung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig.