Das Planetarium als Bildungseinrichtung
Die Sterne waren nur der Anfang, Teil 13
Klaus Herzig |
Ein Planetarium ist für viele Menschen in Deutschland der Ort, an dem sie zuerst mit den Naturwissenschaften in Kontakt kommen. Denn der Sternenhimmel übt seit Jahrtausenden eine fast magische Faszination auf die Menschen aus. Auch Kinder sind von ihm beeindruckt. Aber für eine Beobachtung ist meist noch keine Zeit, da die Kleinen früh ins Bett müssen, wenn es noch nicht richtig dunkel ist. Hier schafft das Planetarium Abhilfe, denn es ermöglicht einen Blick in den Sternenhimmel auch tagsüber und bei jeder Witterung. Eine kleine Kuppel ist schnell gebaut und ein Planetariumsprojektor für eine kleine Kuppel nicht unerschwinglich. So gibt es an vielen Schulen neben den Laboren für Chemie und Physik auch Schulplanetarien, deren Größe für eine Schulklasse ausreicht. Hier lassen sich die Grundkenntnisse der Astronomie anschaulich erklären und die Arbeitsweise der Wissenschaft vermitteln.

Wenn eine Schule kein eigens Planetarium besitzt, stehen die großen, öffentlich oder von Vereinen betrieben Planetarien bereit. Kinder und Jugendliche sind auch bei ihnen eine Hauptzielgruppe. Schon für Kinder ab 4 Jahren werden eigene, pädagogisch auf die Altersgruppe und zum Teil auch auf die Lehrpläne abgestimmte Programme angeboten. Es beginnt mit Sternenmärchen wie dem altbekannten „Peterchens Mondfahrt“. Später kommen mehr und mehr astronomische Erläuterungen zu den Sternen, den Sternbildern und den Planeten hinzu. So entsteht ein niedrigschwelliges Infotainment-Angebot – genau die richtige Mischung zwischen Wissensvermittlung und Unterhaltung.
Die moderne Fulldome-Technik bietet jedoch noch weitere Möglichkeiten, Wissenschaft anschaulich zu vermitteln. So lassen sich über das Internet z. B. Echtzeitdaten von Satelliten herunterladen und auf eine Erddarstellung projizieren. So können z. B. die aktuelle Weltwetterlage, Meeresströmungen, Waldbrände, Flugzeugbewegungen und vieles mehr dargestellt werden. Auch die Oberflächenstrukturen für die Erde, den Mond und dem Mars sind im virtuellen Universum der Planetariumssoftware gespeichert. Wie wäre es also mit einem Flug über die Gipfel des Himalaya oder durch die Grabenbrüche der Valles Marineres auf dem Mars?
Doch nicht nur Laien, sondern auch Wissenschaftler können die besonderen Visualisierungsmöglichkeiten der 360-Grad-Projektion für ihre Forschungen nutzen. So hat man in der Chemie eine eigene Software zur Darstellung von drei-dimensionalen Molekülen entwickelt, die auch in die Planetariums-Software integriert ist. Denn die Strukturformel, die man aus dem Chemieunterricht kennt, reicht in vielen Fällen nicht aus, um Bindungsbeziehungen zwischen verschiedenen Molekülen aufzudecken. Dies gelingt an der Kuppel noch besser als auf dem flachen Bildschirm, da man sich förmlich in die Moleküle hineinversetzen kann.
Historiker und Archäologen nutzen gerne die „Zeitreisefunktion“ des Planetariums. Denn durch das Taumeln der Erdachse verschieben sich die Positionen der Sterne an der Himmelskugel. Will man also bei jahrtausendealten Kultstätten wie z. B. Stonehenge überprüfen, ob die Positionen der Steine Visierlinien zu hellen Sternen oder Sonnenpositionen sind, muss das berücksichtigt werden. Im Planetarium lässt es sich leicht nachvollziehen, wo genau welcher Stern, welcher Planet, die Sonne und der Mond zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort auf der Erde zu sehen waren.
Die Kenntnis der genauen Sternposition ist natürlich auch bei der Navigation wichtig, insbesondere auf hoher See, wo Landmarken zur Orientierung fehlen. Das Planetarium wird daher auch zur Ausbildung von Seeleuten genutzt. Das Planetarium in Lissabon ist sogar Teil der staatlichen Marineschule und viele Marineoffiziere haben hier seit 1965 Navigationsunterricht erhalten.

Zwischen 1960 und 1975 trainierten mehr als 60 Astronauten aus den Mercury-, Gemini- und Apollo-Programmen sowie Skylab und dem Apollo-Sojus-Testprojekt im Morehead Planetarium & Science Center (North Carolina, USA). Dieses Training war notwendig, damit die Astronauten, die oft wenig Erfahrung mit Sternbildern oder Astronomie hatten, zuverlässig Leitsterne für die Flugleitsysteme finden konnten.
Bildnachweise:
Astronautentraining - UNC-Chapel Hill Libraries
Plakatmotiv Peterchens Monfahrt: Angelika Grothues