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James-Webb-Teleskop: komplexestes Observatorium, das je ins All geschickt wurde

Seit mehr als 30 Jahren versorgt uns das Weltraumteleskop Hubble mit staunenswerten Bildern und neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Universum.

Klaus Herzig |

MINT

Das neue James-Webb-Teleskop (JWT)soll nun noch weiter hinaus in den Kosmos blicken und sozusagen einen Blick auf die Kinderstube des Universums werfen – auf die Zeit vor ca. 12 Milliarden Jahren. Gestartet wurde das Teleskop mit einer Ariane-5-Rakete am 25. Dezember 2021. Das letzte halbe Jahr war es auf seinem Weg zu seinem endgültigen Standort 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt.  Bei der NASA hatte man eine Liste mit 344 Punkten erstellt, was alles hatte schiefgehen können: Explosion der Trägerrakete beim Start, Ausfall der Steuerdüsen, Probleme beim Entfalten der Teleskopsegmente und vieles mehr. Aber alles hat funktioniert und nun sollen am 12. Juli 2022 die ersten Aufnahmen veröffentlicht werden.

James Webb Teleskop
James Webb Teleskop / © NASA

Testaufnahmen zeigen schon, dass die Erwartungen an das neue Instrument wohl erfüllt werden dürften. Ein Beispiel ist das untenstehende Bild einer Region in der Großen Magellanschen Wolke, einer 160.000 Lichtjahre entfernten Begleitgalaxie unserer Milchstraße. Die Vergleichsaufnahme links stammt vom Spitzer-Teleskop, das ebenfalls im Infrarotbereich beobachtete und von 2003 bis 2020 in Betrieb war. Auf dem rechten Bild ist der selber Himmelsabschnitt mit dem MIRI-Detektor des JWT abgebildet. Die Sterne sind nun als Punktquellen aufgelöst, erkennbar durch die strahlenartigen Abbildungsartefakte, die die typische Sternform erzeugen. Außerdem sind nun auch die Wolken interstellaren Gases zwischen den Sternen in großem Detailreichtum zu erkennen. Der MIRI-Detektor muss dabei auf -266 ° C heruntergekühlt werden, nur wenige Grad über dem absoluten Temperaturnullpunkt.

LMC Vergleich
LMC Vergleich

Das JWT soll bis weit ins Universum hineinblicken – so weit wie kein Teleskop zuvor. Durch die Expansion des Universums ist jedoch das Licht der dort existierenden Objekte stark rotverschoben – so stark, dass das meiste Licht nicht mehr im sichtbaren Wellenlängenberiech, sondern im Bereich des Infrarot, der Wärmestrahlung bei uns ankommt. Die Optik ist so empfindlich, dass es die Wärme einer Hummel auf dem Mond erkennen könnte. Daher muss das JWT weit weg von Wärme- und Lichtquellen im All positioniert werden und alle Instrumente werden aktiv gekühlt. Das schränkt dann die Lebensdauer auf nur einige Jahre ein. Auch werden wir wohl nicht so bunte Bilder wie bei Hubble erwarten dürfen, denn unsere Augen sind für Infrarot nicht empfänglich. Aber die NASA war auch bisher schon sehr kreativ, was die Bildbearbeitung anging und so werden wir ab dem 12. Juli sicher auch hier faszinierende Aufnahmen erwarten dürfen.

Das erste Bildmaterialpaket wird daher wahrscheinlich alle wissenschaftlichen Themen betreffen, die im Mittelpunkt der Mission des JWT stehen werden: das frühe Universum, die Entwicklung von Galaxien im Laufe der Zeit, der Lebenszyklus von Sternen und andere Welten. Das JWT kann aber auch die Atmosphären von Planeten untersuchen. Über spektroskopische Analysen der Strahlung lässt sich dann berechnen, welche Moleküle darin vorkommen. Das hilft, um einzuschätzen, wie lebensfreundlich ein Planet ist. Mit dem neuen Teleskop könnte es somit auch möglich sein, fremde Zivilisationen aufzuspüren – anhand ihrer Luftverschmutzung.

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