Mit der Lizenz zum Lesen: 17.000 E-Books stehen zum Abruf bereit
Das große Angebot stellt die Onleihe auch vor große Herausforderungen. Die Zukunft des Lesens wird zweifellos stark digital geprägt sein.
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Das große Angebot stellt die Onleihe auch vor große Herausforderungen
Die Zukunft des Lesens wird zweifellos stark digital geprägt sein. In der Nürnberger Stadtbibliothek hat diese Zukunft längst begonnen: Bereits heute stehen den Nutzerinnen und Nutzern der „digitalen Angebote“ beispielsweise über 20.000 E-Medien zu Verfügung – ein Angebot, das sukzessive ausgebaut wird.
„Was kann man lizenzieren – und wie macht man das Angebot zugänglich?“, so beschreibt Christoph von Schwerin seine zwei zentralen Herausforderungen. Der 40-Jährige arbeitet in der Stadtbibliothek im Bereich zentrale Dienste und IT, und ist sozusagen der Verwalter über „all das, was die Kunden außerhalb der physischen Bibliothek nutzen können“. Das Angebot umfasst neben einem Katalog mit rund 17.000 E-Books, weitere Angebote wie E-Audios – also Hörbücher – , Presseinformationen für Recherchen, lexikalische Nachschlagewerke und sogar Musikstreaming.
Das zentrale Tool, über welches der Löwenanteil des digitalen Publikumsverkehrs abgewickelt wird, heißt treffenderweise „Onleihe“. Die Onleihe listet fünf Kategorien auf: Kinderbibliothek, Jugendbibliothek, Schule und Lernen, Sachmedien & Ratgeber sowie den mit über 10.000 Einzeltiteln stärksten Bereich Belletristik und Unterhaltung. „Ein großer Unterschied zur physischen Bibliothek ist, dass wir im Bereich der Onleihe sehr stark nutzerorientiert Lizenzen erwerben und nicht so sehr versuchen, ein möglichst breites Angebot zu erstellen“, erläutert von Schwerin. Doch gerade der Sektor E-Book ist nicht frei von Fallstricken. „Im Gegensatz zu einem physischen Buch, das von einer Bibliothek erworben wird und theoretisch unbegrenzt verliehen werden darf, unterliegen E-Bücher nicht dem normalen Urheberrecht.“ Hier müssten Lizenzen erworben werden, die nicht nur preislich sehr unterschiedlich ausfallen, sondern auch an zusätzliche Bedingungen geknüpft sein können, so von Schwerin: „Eine Befristung auf 48 Monate oder auch eine Begrenzung auf 52 Ausleihen etwa sind durchaus üblich.“ Von Schwerin kann diese Verlagspolitik, die an der Nutzungsgewohnheit der Verbraucher, die zunehmend an Flatrate- Modelle gewöhnt sind, vorbei geht, zwar nicht nachvollziehen, hofft aber langfristig auf ein einheitliches Lizenzmodell mit den Verlagen oder einen klaren gesetzlichen Rahmen. „Die Chance besteht derzeit durch die Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie in nationales Recht, dass der Verleih von E-Books in öffentlichen Bibliotheken auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird.“
Immerhin legen digitale Verleihmodelle wie die Onleihe jährlich um 20 bis 30 Prozent zu, während der Handel mit E-Books in Deutschland im sehr überschaubaren einstelligen Prozentbereich wächst. „Wir könnten hier ein Wachstumstreiber sein“, ist er überzeugt. „Schließlich beweisen Studien: Nutzer von Bibliotheken, kaufen Bücher – physisch wie digital.“
Etwas weniger kompliziert gestaltet sich die Sache bei den immer stärker nachgefragten Hörbüchern. Das liege auch daran, dass die Nutzung auf Smartphones und Tablets zwischenzeitlich viel benutzerfreundlicher geworden ist, glaubt von Schwerin.
„Die Nutzung ist eine andere als in der regulären Bibliothek. Es ist mehr ein Durchblättern und vormerken lassen, auch langfristig.“ Bis zu sieben digitale Medien können gleichzeitig ausgeliehen werden, die Ausleihdauer bei den meisten E-Books beträgt 21 Tage, bei den Hörbüchern 14 Tage. Außerdem lassen sich über die Onleihe auch digitale Tageszeitungen, also E-Paper, sowie digitale Zeitschriften, E-Magazines, ausleihen.
Auch der Musik-Streaming-Dienst „Freegal“– ein Angebot, das sich ausschließlich an öffentliche Bibliotheken richtet – erfreut sich mit fast 17 Millionen Titeln steigender Beliebtheit. „Natürlich können wir hier nicht mit der Datenfülle eines privaten Spotify-Accounts konkurrieren, sind aber mit 15 Euro Jahresbeitrag auch erheblich günstiger.“ Sehr gut bestückt ist auch das klassische Pendant, die Naxos Music Library, die erst 2020 in Nürnberg ins Programm mit aufgenommen wurde und sämtliche gängige Labels im Bereich Jazz und Klassik in sich vereint. Wie es mit den digitalen Angeboten in Nürnberg weitergehen wird? „Wir haben im ersten Halbjahr wegen der Pandemie einen sprunghaften Anstieg, teilweise sogar eine Verdopplung der Nutzerzahlen registriert“, kann von Schwerin berichten.
Text: Sebastian Linstädt
Foto: Masha Tuler