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Ein neues Modell für Dunkle Materie

Die Dunkle Materie ist nach wie vor eines der größten Rätsel der modernen Physik. An der Universität Mainz forscht man an einem neuen Erklärungsmodell.

MINT

Dunkle Materie und Dunkle Energie sind zwei rätselhafte Phänomene der Kosmologie, die immer nach viele Rätsel aufgeben. Das Nicolaus-Copernicus-Symposium, das sich in diesem Jahr mit dem Platz des Menschen im Kosmos beschäftigt, greift daher auch diesen Themenkomplex auf.

Es ist klar, dass es die Dunkle Materie geben muss, denn ohne sie lässt sich etwa die Bewegung von Sternen in Galaxien oder Galaxien in Galaxienhaufen nicht erklären. Aber noch nie ist es gelungen, Dunkle Materie in einem Experiment direkt nachzuweisen. Denn sehen kann man sie nicht, wie der Name ja schon andeutet. Sie wechselwirkt kaum mit normaler Materie und lässt sich bislang nur über ihre Gravitationswirkung feststellen.

Im Bullet Cluster zeigen sich die unterschiedliche Verteilungen von normaler Materie (pink), abgeleitet aus Beobachtungen heißen Gases, und Dunkler Materie (blau), abgeleitet aus Berechnungen aufgrund von Mikrogravitationslinsen / © NASA

Nachdem die Suche nach schweren Dunkle Materie-Teilchen, so genannten WIMPs, bisher nicht zum Erfolg geführt hat, sucht die Forschergemeinde nach alternativen, vor allem auch leichteren Dunkle Materie-Teilchen. Aktuell gibt es viele Vorschläge für neue Experimente: Sie zielen darauf ab, die Dunkle Materie über ihre Streuung an Protonen und Neutronen, den Bestandteilen des Atomkerns, direkt nachzuweisen.
Die Herausforderung für ein passendes Modell: Wenn die Dunkle Materie zu stark mit normaler Materie wechselwirkt, wäre ihre (genau bekannte) Menge, die sich im frühen Universum gebildet hat, zu klein und würde astrophysikalischen Beobachtungen widersprechen. Wenn Dunkle Materie jedoch in der richtigen Menge produziert würde, wäre die Wechselwirkung umgekehrt zu schwach, um sie in heutigen Experimenten nachweisen zu können.

Ein internationales Autorenteam hat nun einen neuen Kandidaten für Dunkle Materie vorgeschlagen – und ihm den Namen HYPER, für „HighlY Interactive ParticlE Relics“, gegeben. Die einfache Aneinanderreihung der Anfangsbuchstaben HIPR klang wohl nicht cool genug. Die zentrale Idee, die dem HYPER Modell zugrunde liegt, ist nun, dass sich die Wechselwirkung einmalig sprunghaft ändert – ein sog. Phasenübergang tritt auf.  So bekommt man die richtige Menge an Dunkler Materie und eine große Wechselwirkung, so dass man sie nachweisen kann. Und das stellen sich die Forschenden so vor: In der Teilchenphysik wird eine Wechselwirkung in der Regel über ein bestimmtes Teilchen, einen so genannten Mediator, vermittelt – so auch die Wechselwirkung von Dunkler Materie mit normaler Materie. Sowohl die Entstehung der Dunklen Materie als auch deren Detektion funktionieren über diesen Mediator, wobei die Stärke der Wechselwirkung von dessen Masse abhängt: Je größer die Masse, desto schwächer die Wechselwirkung.

Dabei muss der Mediator zunächst schwer genug sein, damit sich die korrekte Menge an Dunkler Materie bilden kann und später leicht genug, damit Dunkle Materie überhaupt nachweisbar ist. Die Lösung: Es gab nach der Entstehung der Dunklen Materie einen Phasenübergang, bei dem sich die Masse des Mediators plötzlich verkleinerte. So wird einerseits die Masse an Dunkler Materie konstant gehalten und anderseits die Wechselwirkung derart verstärkt, dass Dunkle Materie direkt nachweisbar sein sollte.

Zusammensetzung des heutigen Universums aus normaler Materie (4,9%), Dunkler Materie (26,8%) und Dunkler Energie (69,3%) / © NASA

Konkret hat sich das Forscherteam zunächst überlegt, wie groß die durch den Mediator vermittelte Wechselwirkung mit den Protonen und Neutronen eines Atomkerns maximal sein kann, um im Einklang mit astrophysikalischen Beobachtungen und bestimmten teilchenphysikalischen Zerfällen zu stehen. Im nächsten Schritt galt es zu überlegen, ob es ein Modell für Dunkle Materie gibt, das diese Wechselwirkung aufweist. Dabei kam man auf die Idee des Phasenübergangs. Zunächst wurde die Menge an Dunkler Materie berechnet, die es im Universum gibt, und anschließend der Phasenübergang in Rechnungen simuliert. Dabei gibt es sehr viele Rahmenbedingungen zu beachten, zum Beispiel eine konstante Menge an Dunkler Materie. Denn der so gefundene Mediator darf nicht doch plötzlich zur Bildung neuer Dunkler Materie führen. Jetzt muss man die Vorhersagen nur noch im Experiment überprüfen und den entsprechenden Mediator finden – was wie so oft aber einfacher gesagt als getan ist. So bleibt auch dieser neue Ansatz erst einmal eine Idee unter vielen, wie man das Rätsel der Dunklem Materie knacken kann.

 

Quelle: Pressemitteilung der Universität Mainz

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