Mit Hilfe der UNESCO will sich Nürnberg als Literaturstadt einen Namen machen
Mit Stätten wie der Hadermühle geht die Stadt in den Wettbewerb
Gast Autor*in |
Für manche ist der Hinweis auf Deutschlands älteste Papiermühle auf der Wöhrder Wiese nur ein großer Steinbrocken. Andere sehen in dem Denkmal für die Hadermühle in Nürnberg einen wichtigen Baustein auf dem Weg zur „City of Literature“. Kathleen Röber, seit sechs Jahren Literaturkoordinatorin am Bildungscampus (BCN), arbeitet aktuell intensiv an der Bewerbung der Stadt um den begehrten Titel der UNESCO. Die erste Runde im Auswahlverfahren hat Nürnberg erfolgreich absolviert. Jetzt geht es darum, im internationalen Vergleich zu punkten, um Teil des weltweiten Netzwerkes zu werden. Dadurch würde sich die Frankenmetropole als Literaturstadt etablieren.
Obwohl Namen großer Literaten nur selten mit Nürnberg verbunden sind, hat die Stadt hinsichtlich der Verbreitung des gedruckten Wortes viel zu bieten. Es ist Kathleen Röbers Aufgabe, dies sichtbar zu machen. Dazu gehört neben der Bedeutung als Pionier-Standort bei der Produktion von Papier nördlich der Alpen auch die älteste Buchhandlung. „Korn und Berg“ am Hauptmarkt wurde 1531 gegründet und existiert nach wie vor als familiengeführtes Unternehmen. Stolz darf die Stadt auch auf die älteste Bibliothek im deutschen Sprachraum sein, die bereits 1370 eingerichtet wurde. Bis heute werden dort wertvolle alte Handschriften und Zeugnisse von weltweiter Bedeutung aufbewahrt.

Die „City of Literature“ fußt aber nicht nur auf historischen Wurzeln, sondern bindet die jüngere Vergangenheit ein. Vom Ort, an dem das nationalsozialistische Hetzblatt „Der Stürmer“ herausgegeben wurde, bis zum Reichsparteitagsgelände reichen die Schatten der Vergangenheit. Röber bezieht die aktuelle Debatte über den Umgang mit der Kongresshalle in ihr Konzept ein. In den Überlegungen spielt der monströse Bau eine Rolle als Raum, um „Geschichte und Geschichten kreativ zu erzählen“, sagt die Projektleiterin. Hierbei werde deutlich, dass es sich bei der Bewerbung „um ein sehr weitgefasstes Verständnis von Literatur handelt“. Der Begriff stehe für Text und Information. Neue KI-gesteuerte Tools für die Vermittlung geschichtlich bedeutsamer Dokumente und Ereignisse gehören ebenso dazu.
Einige Veranstaltungen zur Aufwertung der Literaturszene wurden erst vor wenigen Jahren ins Leben gerufen. Dazu gehören die texttage.nuernberg: ein Festival, bei dem sich die regionale Szene trifft. Bekannte Gäste aus der Buchbranche und Autorinnen und Autoren treffen sich einmal im Jahr zum Austausch vor Publikum. Wenn Nürnberg tatsächlich den Zuschlag für den Titel „City of Literature“ erhält, befinden sich weitere Projekte in der Pipeline.

Die Aktivitäten gehen teilweise auf den 2018 vorgelegten Bericht zur Kulturstrategie zurück. Literatur ist dabei als ein Handlungsfeld aufgeführt. Immerhin bilden zahlreiche Literaturveranstaltungen und -festivals und ein großes Programm zur Leseförderung sowie eine gut ausgebaute Bibliothekslandschaft ein gutes Fundament. Dass in der Stadtbevölkerung ein großes Interesse an Büchern und Informationen besteht, zeigen die Zahlen. Die städtischen Bibliotheken mit ihrer Zentralbibliothek, den sechs Zweigstellen, den Schulbibliotheken und den Bücherbussen verzeichnen jährlich fast zwei Millionen Ausleihen und rund 54.000 Personen besitzen einen Bibliotheksausweis. Die Stadt Nürnberg und die zahlreichen Aktiven im Netzwerk Literatur möchten die Sichtbarkeit der Sparte Literatur steigern. Dabei würde ein internationaler Titel helfen.

Ob es mehr Studierende sind, die er anzieht oder eine erhöhte Attraktivität als Standort für die Wirtschaft: Die Verfechter der „City of Literature“-Idee sind überzeugt davon, dass Nürnberg von der Auszeichnung durch die UNESCO in vielfältiger Hinsicht profitieren würde. Darüber hinaus erhofft sich Röber neue Impulse. Ein Ziel sei, „globale Projekte für das ,Cities of Literature‘-Netzwerk unter Beteiligung der hiesigen Szene zu entwerfen und gemeinsam weiterzuentwickeln.“ Ein bisschen Geduld ist noch erforderlich, ob Nürnberg erfolgreich ist, wird voraussichtlich im Herbst 2025 bekannt gegeben. Weitere Informationen zur Bewerbung unter: literatur.nuernberg.de.
Text: Petra Nossek-Bock