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Umweltschutz - was Städte tun können

Nicht erst seit Greta Thunberg und der Umweltbewegung „Fridays for Future“ weiß man, dass es für wirksamen Klimaschutz allerhöchste Zeit ist.

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Hanna WangHelmreich kennt Schwierigkeiten bei Umsetzung

Nicht erst seit Greta Thunberg und der Umweltbewegung „Fridays for Future“ weiß man, dass es für wirksamen Klimaschutz allerhöchste Zeit ist. Doch wie ernst ist die Lage wirklich? Was können Städte tun – und was jeder einzelne Bürger? Wir sprachen darüber mit der Nürnberger Klimaexpertin Hanna Wang-Helmreich, die bei den internationalen Klimaverhandlungen regelmäßig vor Ort ist.

Klimaexpertin Hanna Wang-Helmreich
Die Umweltexpertin Hanna Wang-Helmreich aus Nürnberg / © Sabine Michaelis

Frau Wang-Helmreich, Nürnberg sieht sich als Bio-Metropole – Stichwort Biofach als internationale Leitmesse. Aber wie viel kann eine einzelne Stadt überhaupt tun?

Wang-Helmreich: Städte haben viele Möglichkeiten. Dabei geht es um weit mehr als nur ökologisch erzeugtes Essen in Kantinen. Die großen kommunalen Handlungsfelder sind Energie, Verkehr und Stadtverwaltung. Es ist wichtig, Energieeffizienz in Gebäuden, Industrie und Gewerbe massiv zu fördern.

Was können Städte bei derEnergie tun?

Wang-Helmreich: Kommunen haben große Handlungsspielräume, welche Förderprogramme sie für den Ausbau erneuerbarer Energien anbieten, und sie können etwa vorschreiben, dass jeder Neubau eine Solaranlage auf dem Dach haben muss. Das macht in der Summe einen Riesenunterschied für die CO2-Bilanz.

Was könnte Nürnberg in der Verkehrspolitik tun?

Wang-Helmreich: Nur Städte und Kommunen können die nötige Infrastruktur schaffen und somit Alternativen zum Auto anbieten.
Denn die Entscheidung des Einzelnen, ob er mit dem Auto, dem Fahrrad oder dem ÖPNV fährt, hängt vom Angebot ab. In Nürnberg gibt es attraktive Fahrradwege im Pegnitzgrund, aber es braucht auch sichere Fahrradwege in der Stadt. Bei öffentlichen Verkehrsmitteln ist Nürnberg nicht schlecht, aber die Taktung müsste erhöht werden.

Dabei spielt der Preis eine wichtige Rolle.

Wang-Helmreich: Das ist richtig. Und in Nürnberg ist der ÖPNV leider nicht günstig. Es gibt ja auf Landesebene gute Vorschläge, ihn für Schüler günstiger oder kostenlos zu machen. Ein kostenloser oder sehr günstiger ÖPNV hat eine positive Wirkung auf die Klimabilanz. In Wien wird dank des 365-Euro-Tickets jede dritte innerstädtische Strecke per ÖPNV zurückgelegt. In Tallinn ist der Nahverkehr kostenlos, was ich vorbildlich finde. Städte können aber schon bei der Verkehrsvermeidung ansetzen:
indem sie Arbeit, Wohnen, Kinderbetreuung und Altenpflege in einzelnen Subzentren in der Stadt zusammenführen, und so lange Anfahrtswege
vermieden werden.

Sie beobachten und analysieren die internationalen Klimaverhandlungen regelmäßig vor Ort. Wie frustriert sind Sie danach?

Wang-Helmreich: Die erste Verhandlung, bei der ich dabei war, war 2009 in Kopenhagen. Damals war ich noch sehr optimistisch. Ich habe unter anderem Volkswirtschaftslehre studiert – und war anfangs zuversichtlich, dass schnell viel passieren wird. Die Gesamtkosten für Klimaschutz sind wesentlich niedriger als die für die Beseitigung der massiven Zerstörungen durch Klima-Effekte! Im Laufe der Jahre habe ich aber lernen müssen, dass die politischen Aktivitäten der Staaten sich nicht an den Notwendigkeiten ausrichten. Staaten fordern sich gegenseitig auf, mehr zu tun, gehen aber selbst kaum mit gutem Beispiel voran. Dabei bietet Klimaschutz auch viele wirtschaftliche Chancen – und kommt der Gesundheit der Menschen zugute, etwa durch weniger Feinstaubbelastung. Natürlich fallen in der Kohleindustrie Arbeitsplätze weg, das darf man auch nicht kleinreden. Aber anderswo entstehen viele neue. Hier hat Deutschland durch seine verfehlte Solar- und Wind-Förderpolitik riesige Chancen vergeben.

Waskann der Einzelne tun?

Drei Dinge: weniger Fleisch – vor allem rotes – und tierische Produkte essen. Rindfleisch ist pro Kilogramm für viermal soviel CO2 verantwortlich
wie Huhn oder Fisch. Außerdem weniger Autofahren. Und keine Flüge mehr. Jede andere Maßnahme ist auch gut, aber das sind die drei wichtigsten. Wenn man von den Gesamtemissionen ausgeht, die noch möglich sind, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, darf jeder Bürger auf der Erde nur noch eine Tonne CO2 pro Jahr verursachen. Das sind zehn Prozent
von dem, was wir heute verursachen.

Info: Hanna Wang-Helmreich lebt in Nürnberg und ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie im Fachbereich Internationale Klimapolitik. Daneben ist sie in der Jugend- und Erwachsenenbildung engagiert.

Interview: Stephanie Rupp
Foto: Sabine Michaelis

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