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Unterschätzte Pionierinnen der Buchdruckkunst werden wiederentdeckt

Ausstellung widmet sich Frauen des 16. und 17. Jahrhunderts

Gast Autor*in |

Stadtbibliothek

Für Christine Sauer ist die Erforschung dieser Frauenleben zum Herzensthema geworden. „Dass Frauen im Handwerk
Verantwortung übernahmen und Betriebe leiteten, ist eher ein Nischenthema“, sagt die Leiterin der Historisch-Wissenschaftlichen Stadtbibliothek. Bisher. Jetzt aber erfahren wir von Kunigunde Hergot († 1547), einer der ersten Druckerinnen in Nürnberg. Sie hatte vor 1524 geheiratet. Ihr Mann Hans war schon 1527 auf einer Reise wegen „aufrührerischer Schriften“ angeklagt und in Leipzig hingerichtet worden. Auch ihr zweiter Mann, Georg Wachter, war lange nicht anwesend. So führte Kunigunde Hergot die Offizin – sprich: die Druckerei – allein. Sie spezialisierte sich auf den Lied-Druck, denn Gesang hatte einen hohen Stellenwert im 16. Jahrhundert. Für die musizierende Jugend war er Beschäftigung und Bildung zugleich. Und die Hergot’sche Druckerei lieferte den Stoff:Texte, die nach bekannten Melodien gesungen wurden.

Kunigunde Hergot trug dazu bei, dass Nürnberg zur damaligen Zeit eine führende Stadt im Lied-Druck war. Doch rosig war die Lage der Frauen im Handwerk nicht. Am Anfang stand ein Schicksalsschlag: der Tod des Ehemannes. „Wenn der Meister stirbt, sinkt das Meisterrecht mit ins Grab“ – so hieß es. Damit die Witwen nicht mittellos zurückblieben und die Betriebe aufgelöst werden mussten, gab es Übergangslösungen. Üblich war, dass die Witwe sich wiederverheiratete oder ein Sohn übernahm, sobald er die Ausbildung abgeschlossen hatte. Gelegentlich lösten Frauen aber auch die Erben aus und führten den Betrieb in eigener Regie. Das galt für alle Handwerke. Die Druckerinnen gehören aber zu den wenigen, deren Erzeugnisse erhalten sind – in Form von Büchern und Blättern, deren Herkunft im Impressum verewigt ist. Zeugnisse ihres Lebens freilich sind spärlich, Bildnisse der Frauen nicht überliefert. Im Staatsarchiv fand Sauer handschriftliche Rechnungen, etwa von Katharina Gerlach († 1591). Sie hatte sich auf den Notendruck spezialisiert, druckte aber auch die Amtsschriften der Stadt Nürnberg und Oft aus der Not heraus waren Frauen schon früh im Buchdruck tätig – und das mit großem Erfolg. war zeitweise quasi die Universitätsdruckerin
von Altdorf.

Frauen machen Druck
Oft aus der Not heraus waren Frauen schon früh im Buchdruck tätig – und das mit großem Erfolg / © Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg

„Man kann sich schwer vorstellen, dass sie selbst an der Druckerpresse gearbeitet hat“, sagt Sauer. Die Arbeit war körperlich hart und erforderte technisches Wissen, das Frauen damals nicht über eine Ausbildung erwerben, sondern allenfalls Erfahrungswissen sammeln konnten. Also organisierten sie wohl eher den Handel, vertrieben ihre Druckwerke auf Messen und Märkten, führten die Buchhaltung und hielten Kontakt zu den Autoren. Das alles taten
sie neben der Leitung des Haushalts und meist vielen Kindern. Eine große Leistung, vor allem für Frauen, die die Betriebe – mit etlichen Gehilfen und Lehrjungen – eigenständig führten. Ob diese Emanzipation bewusst angestrebt
wurde, ist fraglich. „Uns erscheint das heute bemerkenswert, im Handwerk war es üblich“, so Sauer.

Die Regeln gab in Nürnberg der Rat vor, nicht die Zünfte. Aber er reglementierte streng und begrenzte etwa die Zahl der Betriebe. Und so ist es kein Wunder, dass Kunigunde Endter (1588-1676) immer wieder mit den Stadtoberen aneinandergeriet: Im protestantischen Nürnberg druckte sie im 17. Jahrhundert katholische Bücher. Und ließ nicht davon ab. Wie viele der Druckerinnen aus Nürnberg führte sie die Tradition der Frauen in der Buchproduktion fort. Diese hatte bereits im Mittelalter begonnen, als die Nonnen des Katharinenklosters eine Bibliothek anlegten und Bücher abschrieben. Und sie setzte sich in der Reformation fort, als sich die Reichsstadt zum europäischen Medienzentrum entwickelte. Als „Deutschlands Auge und Ohr“ rühmte Martin Luther Nürnberg. Im 19. Jahrhundert allerdings veränderten das Aufkommen der Massenpresse und technische Neuerungen die "schwarze Kunst“, die fortan als industrieller Prozess organisiert wurde. Damit waren die Frauen raus. So aktiv die Druckerinnen der Frühen Neuzeit uns heute erscheinen, sagt Sauer – sie waren Ausnahmen: „Die Schriften sind voll von Witwen, die verarmt sind.“

Text: Gabriele König

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