Zum Hauptinhalt springen

„Fake statt Fakt“ – Wie radikale Kräfte uns durch Fälschungen manipulieren

Sind Sie auch schon mal hereingefallen? Fake News haben nicht nur Social-Media-Kanäle fest im Griff.

Bildungscampus Nürnberg |

Bildungszentrum

Sind Sie auch schon mal hereingefallen? Fake News haben nicht nur Social-Media-Kanäle fest im Griff, sondern können Wahlergebnisse beeinflussen oder sogar Gewalt verursachen. Die Journalistin und stellvertretende Direktorin der Deutschen Welle Akademie Ute Schaeffer deckte bei ihrer Lesung und Diskussion „Fake statt Fakt“ am 17.07.2018 im Bildungszentrum Fälschungen im Web auf und sensibilisiert für Propaganda im Netz. Wir haben mit der Expertin vorab darüber gesprochen, wie Fake News entstehen, warum sie so viel Macht haben und so gefährlich sind und wie man sich als Nutzer schützen kann.

 

 

 

Fake News
Fake statt Fakt – Wie Populisten, Bots und Trolle unsere Demokratie angreifen

Sie haben zwei Jahre lang undercover als Journalistin Falschmeldungen im Internet aufgespürt und sich in unterschiedlichen Meinungsräumen aufgehalten. Was hat Sie im Zuge ihrer Recherchen am meisten erschreckt?

Die tiefe Menschenfeindlichkeit, die sich in den Diskussionen in diesen Echokammern ausprägt und hochschaukelt. Die Erzählungen, die verbreitet werden: Deutschland als Land am Abgrund, in dem meine Sicherheit nicht gewährleistet ist, mein Land, das von Fremden überrannt wird, die mein Volk auslöschen werden. Die Tatsache, dass in diesen Echokammern so viele Falschinformationen unterwegs sind, dass diese die Realität und die Fakten einfach übermalen und regelrecht verdrängen, das hat mich am meisen erschreckt.

Es ist Ihnen ein Anliegen, dass dieses Thema öffentlich diskutiert wird – zum Beispiel auch bei Ihrer Lesung und Diskussion zum Thema Desinformation und politische Meinungsbildung beim Bildungscampus Nürnberg. Warum ist Ihnen das wichtig?

Jeder hat zu dem Thema andere Erlebnisse und Erfahrungen – und das Thema ist von großer Bedeutung für die politische Meinungsbildung in unserem Land. Das sind eine Menge Aspekte, zu denen sich eine Diskussion lohnt.
Es ist gut, dass wir offen unterschiedliche Meinungen austauchen – meine Recherchen haben mir aber auch vor Augen geführt, dass Verständigung und auch der Austausch sehr unterschiedlicher Positionen in rein digitaler Kommunikation nicht so gut gelingt wie im analogen Miteinander. Deshalb freue ich mich über die Gelegenheit, das Thema in Nürnberg zu diskutieren.

Schon seit es Zeitungen gibt, gibt es auch die sogenannte „Zeitungsente“, also eine falsche Meldung. Warum ist die Diskussion so heikel, wenn es jetzt um „Fake News“ geht und wie entstehen diese? Was ist der Unterschied?

Fake als Begriff wird inzwischen inflationär genutzt. Ich verstehe darunter Desinformation. Also eine absichtsvoll verbreitete Falschmeldung, die ihre Adressaten sehr bewusst in eine bestimmte Richtung lenken soll. Diese Desinformation ist manipulativ und wird von unterschiedlichsten Akteuren sehr gezielt genutzt.
Und: Deutschland steht erst am Anfang dieser Entwicklung – im Vergleich zu den USA, wo vor der Präsidentenwahl jede zweite Meldung bei Twitter eine Falschmeldung gewesen ist. Damit aber hört die gute Nachricht auch schon auf. Denn in der digitalen Gegenöffentlichkeit der Rechtspopulisten und ihren Echokammern ist der Anteil an Falschinformationen weit höher, wenn ich das an den Inhalten in meinem Newsfeed messe.

Was macht Fake News, egal ob politisch motiviert oder aus schierer Boshaftigkeit verbreitet, so gefährlich?

Fake verbreitet sich gerade im Netz viel schneller und besser als Fakten. Das lässt sich messen. BuzzFeed sah sich für einen Zeitraum von fünf Jahren die bei Facebook am häufigsten geteilten Meldungen zur Bundeskanzlerin an – sieben der zehn klickstärksten Meldungen waren Fake! Das heißt: Desinformation verbreitet sich heute in weit größerem Umfang als jemals zuvor. Aufgrund dieser Frequenz und Reichweite ist die politische Wirkung von Desinformation ungleich höher – wie sich an den Wahlergebnissen der AfD gut zeigen lässt. Desinformation hat handfeste politische Auswirkungen.

Viele Plattformen, allen voran Facebook, sagen den sogenannten „Fake News“ spätestens seit der letzten US-Wahl öffentlichkeitswirksam den Kampf an. Tut sich da wirklich etwas für den Nutzer, wollen die Plattformen tatsächlich der Verbreitung von Falschnachrichten Herr werden oder sind das Image-Kampagnen?

Es ist wichtig, dass die Netzwerke selbst in die Pflicht genommen werden. Die Auswirkungen des Gesetzes sind allerdings durchaus widesprüchlich: Seiten und Inhalte werden blockiert und sind damit nicht mehr zugänglich. Manche verschwinden aufgrund von Schlüsselwörtern, obwohl sie möglicherweise nicht ausschließlich Fake verbreiten. Aus meiner Sicht ist es vor allem wichtig, dass die Netzwerke verpflichtet sind, sich deutlich schneller bei Beschwerden um diese Überprüfung zu kümmern. Damit waren die Nutzer lange allein.

Haben wir als Nutzer von Social-Media-Kanälen überhaupt eine Chance Fake von Fakten immer sicher zu unterscheiden?

Kein Algorithmus der Welt wird uns das kritische Denken und Einordnen von Informationen abnehmen. Das ist angesichts der schieren Flut von Informationen eine echte Herausforderung an jeden Einzelnen. Das verlangt, dass ich mir meine Informationsquellen bewusst auswähle, dass ich weiß, um welche Quellen es sich handelt. Auch beim Lesen der Bild Zeitung oder Frankfurter Allgemeinen ist mir ja bewusst, dass mir beide sehr unterschiedliche Perspektiven bieten. Im Netzt wird diese Differenzierung ungleich schwieriger, denn es geht um weit mehr Quellen und die Akteure und Verantwortlichen sind nicht immer erkennbar. Medienkompetenz ist eine Schlüsselkompetenz für unsere demokratische Meinungsbildung, davon bin ich überzeugt. Mein Buch will einen Beitrag dazu leisten zu verstehen wie sich Desinformation im Netz verbreitet – und auch, woran ich erkenne, dass es eben nicht um Fakten sondern um Fake geht.

Wenn Sie den Artikel mögen?

Teilen Sie den Artikel mit Ihren Freunden

Verwandte Nachrichten