60 Jahre Nicolaus-Copernicus-Planetarium: Teil 1
Am 11. Dezember 1961 wurde das Planetarium am Plärrer feierlich eröffnet. Das 60-jährige Jubiläum soll Anlass sein, einen Blick auf die Geschichte der Nürnberger Planetarien zu werfen. Ja, Mehrzahl, denn das neueröffnete Gebäude war schon der zweite Planetariumsbau in Nürnberg.
Klaus Herzig |
Die Anfänge und die Vorgeschichte
Am 11. Dezember 1961 wurde das Planetarium am Plärrer feierlich eröffnet. Das 60-jährige Jubiläum soll Anlass sein, einen Blick auf die Geschichte der Nürnberger Planetarien zu werfen. Ja, Mehrzahl, denn das neueröffnete Gebäude war schon der zweite Planetariumsbau in Nürnberg.
Das erste Nürnberger Planetarium
Das erste Nürnberger Planetarium wurde am 10. April 1927an seinem damaligen Standort am Rathenauplatz in Betrieb genommen. Heute befindet sich dort ein Umspannwerk der N-ERGIE. denn das Projekt Planetarium stand damals unter keinem guten Stern. Stark gefördert vom Oberbürgermeister Hermann Luppe zog es sich sofort den erbitterten Widerstand von NSDAP-Gauleiter Julius Streicher zu, den mit Luppe eine erbitterte Feindschaft verband. Andererseits war das Vorhaben auch bei anderen Stadtratsparteien umstritten, da man bei den Baukosten überzogen hatte. Nach anfänglich guten Besuch bröckelte in den Folgejahren die Resonanz aber auch wegen der Wirtschaftskrise ab: es kamen immer weniger Besucherinnen und Besucher in die 23-Meter messende Planetariumskuppel. Nach der Machtergreifung 1933 hatte dann Streicher freie Bahn: der Stadtrat beschloss im November 1933 einstimmig die Schließung der Einrichtung. Im Februar 1934 verfügte Streicher dann sogar einen Abriss – angeblich, weil das Gebäude mit seiner prägnanten Kuppel zu sehr an eine Synagoge erinnerte. Im Mai 1934 war dann vom Gebäude nichts mehr zu sehen. Der noch nicht ganz abbezahlte Planetariumsprojektor wurde aber eingelagert und überstand im Kunstbunker sogar den Zweiten Weltkrieg.
Die Anfänge des Neubaus
Etwa ab Mitte der 50er Jahre gab es dann Bestrebungen, die „Kulturschande“ (so ein SPD-Stadtrat) der Planetariumsschleifung durch die Nationalsozialisten durch den Neubau eines Planetariums wiedergutzumachen. Neben diese „moralische Verpflichtung“ traten als weitere Gründe, dass der Projektor noch existierte und der Strom- und Wasserversorger EWAG einen multifunktionalen Vortragsraum in der Nähe seines von 1951 bis 1953 am Plärrer gebauten Verwaltungshochhauses wünschte. Im Oktober 1958 macht der Oberbürgermeister Andreas urschlechter bekannt, dass für ein neues Planetarium 1,5 Millionen DM bereitstehen. Mit den Planungen wurde der Architekt Wilhelm Schlegtendal betraut, der auch schon das benachbarte Plärrerhochhaus konzipiert hatte. In den beiden Folgejahren wurde das Gebäude, der erste Planetariumsneubau in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg, zwischen EWAG-Verwaltung und Volksbad fertiggestellt. Das Gebäude gehört noch heute der EWAG-Nachfolgerin N-ERGIE, die Stadt hat es, wie damals, nur angemietet.
Der eingelagerte, inzwischen über 30 Jahre alte Zeiss-Projektor wurde bei Carl Zeiss Oberkochen für 250.000 DM aufgemöbelt und soweit als möglich modernisiert. So konnte am 11. Dezember 1961 unter Anwesenheit der Stadtspitze und weiterer Prominenz die feierliche Premierenvorstellung stattfinden.
So ganz schien man der Planetariumsidee aber wohl nicht zu trauen, denn der Bau war für die angestrebte Nutzung, trotz einer 18-Meter-Kuppel und 250 Sitzplätzen, eigentlich von Anfang an zu klein. Offenbar die schlechten Werte aus der Weimarer Zeit als Basis nehmend, rechnete man nur mit ca. 5000 Besucherinnen und Besuchern im Jahr, vorzugsweise aus Kindergärten und Schulen. Der Saal war aus Multifunktionsraum konzipiert – die Programmhefte der ersten Jahre nennen als Kuppelsaal auch nur „Vortragssaal der EWAG“. Um dort auch andere Veranstaltungen als Planetariumsvorführungen durchführen zu können, war man von der sonst üblichen kreisförmigen Sitzanordnung zu Gunsten eines hufeisenförmigen Auditoriums abgewichen, hatte eine kleine Bühne mit Rednerpult installiert und den Projektor auf eine Hubanlage gesetzt, so dass dieser in den Keller heruntergefahren werden konnte, wenn Konferenzen oder Vorträge stattfanden. Dies sollte sich später als sehr vorteilhaft erweisen. Das raumprägende Mosaik im Foyer ummantelt also in Wahrheit nur den Aufzugsschacht für den Zeiss-Projektor. Es gab allerdings für den Planetariumsbetrieb keine Neben- oder Verwaltungsräume. Der Planetariumsleiter war in Personalunion auch der Leiter der Sternwarte auf dem Rechenberg und hatte dort sein Büro, ebenso wie die Techniker und Vorführer, die nur zu den Vorstellungen zum Plärrer herunterfuhren.
Wenn man vielleicht auch von offizieller Seite etwas skeptisch gewesen war, die Nürnberger und Nürnbergerinnen begeisterten sich für das neue Sternentheater. Statt 5.000 zählte man in der 60er Jahren knapp 30.000 Gäste, auch wenn bis Ende der 90er Jahre die meisten davon Kindergartenkinder, Schülerinnen und Schüler waren.
Das Planetarium Nürnberg in den 70er Jahren
Da man in Kindern im Gruppen- bzw. Klassenverband die Hauptzielgruppe sah, betraute man auch keinen Berufsastronomen mit der Planetariumsleitung, sondern einen Gymnasiallehrer, den 1930 geborenen Dr. Eckhard Pohl. Er leitete das Planetarium und die Sternwarte zunächst neben- und dann hauptamtlich bis zu seinem plötzlichen Tod im Juni 1993. Er entwickelte zunächst ein spezielles Schulprogramm und weitete dann das Programmangebot in Richtung Kultur aus. So fanden dann im Kuppelsaal auch Musik- und Theateraufführungen statt – soweit das die nur kleine Bühne zuließ.
1973 wurde dann aus dem „Planetarium im Vortragssaal der EWAG“ das „Nicolaus-Copernicus-Planetarium“. Copernicus war zwar nie in Nürnberg, aber sein Hauptwerk „De revolutionibus orbium coelestium“ wurde hier 1543 von Johannes Petreius herausgebraucht. Zum 500. Geburtstag von Copernicus nutze man also diese Gelegenheit für eine Umbenennung. Name dropping war auch damals schon in Mode. Heutzutage wird als offizielle Schreibweise das latinisierte Nicolaus-Copernicus-Planetarium verwendet. Über der Eingangstür findet man aber noch die, wie das gesamte Gebäude, denkmalgeschützte Originalinschrift aus den 70er Jahren, die „Nikolaus-Kopernikus-Planetarium“ lautet.
Wie die Geschichte des Nürnberger Planetariums danach weiterging, erzählt Teil 2 „60 Jahre Nicolaus-Copernicus-Planetarium: Per aspera ad astra auf dem Weg ins 21. Jahrhundert“ (Veröffentlichung am 6. Dezember 2021)