60 Jahre Nicolaus-Copernicus-Planetarium: Teil 2
Im ersten Teil hatten wir die Geschichte des Nicolaus-Copernicus-Planetariums bis Mitte der 70er Jahre verfolgt. Hier gab es nur eine Richtung – aufwärts. Die Besucherzahlen stiegen auf über 40.000, denn das Programm kam an, obwohl zur Visualisierung des Kosmos nur der zentrale Zeiss-Projektor zur Verfügung stand, der nun in seinen Grundbestandteilen auch schon auf die 50 zuging.
Klaus Herzig |
Per aspera ad astra auf dem Weg ins 21. Jahrhundert
Im ersten Teil hatten wir die Geschichte des Nicolaus-Copernicus-Planetariums bis Mitte der 70er Jahre verfolgt. Hier gab es nur eine Richtung – aufwärts. Die Besucherzahlen stiegen auf über 40.000, denn das Programm kam an, obwohl zur Visualisierung des Kosmos nur der zentrale Zeiss-Projektor zur Verfügung stand, der nun in seinen Grundbestandteilen auch schon auf die 50 zuging. Doch dieses Jubiläum sollte er nicht mehr erleben. Im Januar 1977 präsentierte sich das Haus nach neunmonatiger Umbauphase mit dem 1,7 Millionen DM teuren neuen Zeiss-Projektor Modell V, der auch heute noch in Betrieb ist. Er verfügte über neue Darstellungsmöglichkeiten und so stieg das Publikumsinteresse weiter an. Ende der 80er Jahre war man bei etwa 70.000 Gästen pro Jahr angelangt.
Wiedereröffnung des Planetariums im Jahr 1992
Nach 30 Jahren betrieb war nun eine erste Sanierung angesagt. Nach einer 9-monatigen Schließzeit wurde das Planetarium im April 1992 wiedereröffnet. 65 zusätzliche Dia- und Effektprojektoren ergänzten nun den Zeiss-Projektor, gesteuert von einem zentralen Schaltpult. So war es nun möglich, nicht nur den reinen Sternenhimmel zu zeigen, sondern in zwei Videofenstern auch filmische Animationen sowie die ganze Kuppel ausfüllende Diaprojektionen. So ließen sich Programme mit einer Geschichte erzählen. Das Klackern und Rattern der in die Ausgangsposition zurückfahrenden Diaprojektoren nach einer Vorstellung sollte für Jahrzehnte das Publikum beim Verlassen des Kuppelsaales begleiten.
Wie schon im ersten Teil erwähnt, verstarb Dr. Eckhard Pohl, der das Planetarium seit dessen Gründung 1961 geleitet hatte, nach kurzer schwerer Krankheit im Juni 1993. Zum Interims-Nachfolger wurde wieder ein Gymnasiallehrer bestimmt. Heinz Hock nutze die Flächen im Foyer, um dort einen kleinen Astroshop mit Büchern und das Sternencafe einzurichten. Im Zuge einer städtischen Verwaltungsreform wurde das Planetarium dem Bildungszentrum (BZ) angegliedert. Warum man für eine Institution die sich vorzugsweise an Kinder, Jugendliche und Familie wendet, einer Einrichtung der Erwachsenenbildung zuschlägt, erschließt sich nicht unbedingt. Es wäre auch eine Anbindung an das Amt für Kultur und Freizeit (KuF) oder die Städtischen Museen denkbar gewesen. Aber die Entscheidung fiel so aus, wie sie fiel. Es war ja auch noch die Sternwarte mit dabei, die erst im Jahr 2000 endgültig vom Planetarium entkoppelt wurde.
Parallel sucht man nach einem neuen Planetariumsleiter, der dieses Mal ein Astronom sein sollte. Die Wahl fiel auf Dr. Uwe Lemmer, der sein neues Amt im Januar 1996 antrat. Die Besucherzahl lag zwar bei ca. 75.000, aber die Technik des Planetariums und das Gebäude waren in einem beklagenswerten Zustand. Der zentrale Sternenprojektor war nun auch schon wieder über 20 Jahre alt. Ein Gutachten konstatierte zudem die „bundesweit schlechteste, unansehnlichste Projektionskuppel“, die „unbequemste Bestuhlung“ und eine „scheppernde, kratzende Tonanlage“. Auch die Hubanlage für den Projektor müsse dringendst saniert werden.
Schließung des Planetariums im Jahr 1999
1999 wurden einige dieser drängenden Probleme angegangen. Das Planetarium wurde für ein Jahr geschlossen. In dieser Zeit vollzog sich auch die endgültige Trennung von Planetarium und Sternwarte. Diese wurde vom neugegründeten Verein Nürnberger Astronomischen Arbeitsgemeinschaft (NAA) e. V. übernommen. Für Uwe Lemmer und seine Mitarbeitenden wurden im Planetariumsgebäude durch den Umbau eines Seminarraums und die Abtrennung vom Plärrerhochhaus neue Büros geschaffen. Bis heute herrscht also die etwas kuriose Situation, dass das Planetarium als städtische Einrichtung in einem angemieteten Gebäude residiert, während die Sternwarte am Rechenberg als städtisches Gebäude von einem privaten Verein betrieben wird.
Im Mai 2000 war die dritte Sanierung abgeschlossen: Für 3,3 Millionen DM waren die Klima- und Lüftungstechnik, die Beleuchtung und die Tonanlage auf den neuesten Stand gebracht sowie die Holzsitze gepolstert und auf 200 reduziert worden. Außerdem wurden 40 Diaprojektoren ausgetauscht. Auch an die Kuppel wagte man sich heran, vergab aus Kostengründen den Auftrag aber nicht an eine darauf spezialisierte Firma, sondern an ein Bauunternehmen, das seine Meriten eher im Betonbau hatte. Die gelöcherten Metallplatten, aus denen die Projektionskuppel besteht, wurden nicht auf Stoß aneinandergefügt, sondern die Zwischenräume mit Silikon verfugt, das aber ein anderes Reflexionsverhalten hat als das lackierte Metall. Somit verbesserte sich die Kuppel nur unwesentlich. Die Baufirma ging bedauerlicherweise in Insolvenz, bevor Nachbesserungen eingefordert werden konnten.
Obwohl die Besucherzahlen über 70.000 betrugen und die neue Farbe kaum getrocknet war, wollte man 2004 von Seiten der Stadtverwaltung und des Stadtrats das Planetarium schließen. Begründung: Für eine wünschenswerte und notwendige Investition in einen neuen Sternenprojektor sei kein Geld vorhanden. Doch die Stadt hatte die Rechnung ohne die astronomieinteressierte Community gemach. Nach einem, wie man heute sagen würde, „Shitstorm“ und einer Protestaktion mit über 2.000 Unterschriften machte die Stadt aber einen Rückzieher. Oberbürgermeister Ulrich Maly gab aber eine Bestandsgarantie nur ab, solange der alte Zeiss-Projektor noch funktioniere. Die etwa 3,5 Millionen Euro für ein neues Gerät könne man nicht aufbringen. Der Zeiss-Projektor war aber widerstandsfähiger als wohl gedacht und tut, dank fürsorglicher Pflege durch die Planetariumstechniker, auch heute noch seinen Dienst.
Im Herbst 2007 verließ Uwe Lemmer das Nicolaus-Copernicus-Planetarium, um an das Planetarium in Stuttgart zu wechseln. Sein Nachfolger wurde im Februar 2009 der Astrophysiker Dr. Klaus Herzig. Die Namensähnlichkeit mit dem Autor dieser Zeilen ist nicht zufällig, so dass in der Bewertung der folgenden Jahre vornehme Zurückhaltung geübt wird.
Entwicklung zum naturwissenschaftlichen Veranstaltungsort
Die Leitung des Bildungszentrums hatte sich seit Mitte der 2000er Jahre um Finanzmittel bemüht, um die Projektionstechnik des Planetariums zu erneuern. Es ging dabei weniger um einen Nachfolger für den Zeiss-Projektor als um die Installation einer modernen videogestützten 360-Grad-Projektion. Diese „Fulldome-Technik“ hatte seit Anfang des neuen Jahrhunderts langsam Einzug in die Planetariumswelt gehalten. Mit ihr können sowohl der Sternenhimmel (wie mit dem Zeiss-Projektor) als auch kuppelfüllende Animationen gezeigt werden. Im Laufe des Jahres 2009 stand dann fest, dass die Städtischen Werke Nürnberg anlässlich ihres 50-jährigen Jubiläums einen Betrag von 800.000 Euro für den Erwerb einer Fulldome-Anlage zur Verfügung stellen werden. Diese wurde dann am 1. Oktober 2010 mit der Premiere der ersten selbstproduzierten Fulldome-Show „Vom Adler zum Space Shuttle“ anlässlich des Bahnjubiläums „175 Jahre Eisenbahn in Deutschland“ in Betrieb genommen. Damit war auch das Nicolaus-Copernicus-Planetarium, eines der neun Großplanetarien in Deutschland, im 21. Jahrhundert angekommen. In der Folgezeit steigen die Besucherzahlen von ca. 55.000 auf fast 80.000 im Jahr 2017. Das Planetarium wurde in dieser Zeit zu dem naturwissenschaftlichen Veranstaltungsort des Bildungscampus und bot neben Astronomie auch Veranstaltungen aus anderen Wissenschaftsbereichen in Vorträgen und Planetariumsvorführungen an. Mit der Reihe „Kunst unter der Kuppel“ wurde zudem in Kooperation mit den Musikern des Ensemble Kontraste und hochkarätigen Videokünstlern eine Reihe mit erfolgreichen Videokunstkonzerten etabliert. 2019 konnten die in die Jahre gekommenen Fulldome-Beamer ausgetauscht und die Projektion damit noch schärfer, kontrastreicher und farbiger werden. So präsentiert sich das Nicolaus-Copernicus-Planetarium zum Beginn seines siebten Jahrzehnts als lebendiger Ort der Wissensvermittlung, der Kultur und der Faszination Astronomie.