Buchtipp Tom Wolfe
Am Anfang war das Wort. Aber wo kam es her? Diese Frage stellte sich sicher nicht nur der bekannte Journalist und Autor Tom Wolfe.
Klaus Herzig |
Schließlich sehen viele in der Sprache das Merkmal, das den Menschen vom Tier unterscheidet. Aber nur wenige sind in der Lage, die Recherchen und Gedanken, die sie dazu gemacht haben, so prägnant und unterhaltsam zu präsentieren wie Wolfe. 2016 veröffentlichte er das Sachbuch „The Kingdom of Speech“, das 2017 auch als „Das Königreich der Sprache“ auf Deutsch erschienen ist.
Der Klappentext verheißt dazu gewohnt reißerisch: „Das Königreich der Sprache ist Tom Wolfes Verneigung vor der größten kulturellen Leistung des Menschen schlechthin – und eine beißend satirische Soap Opera der Wissenschaftsgeschichte.“ Aber dieses Mal stimmt das sogar.
Wolfe scheint dabei aber zunächst viel Zeit mit einem Thema zu verbringen, dass mit Sprache gar nichts zu tun zu haben scheint: mit der Evolutionstheorie von Darwin. Oder vielleicht doch eher der Evolutionstheorie von Alfred Russel Wallace? Denn auf vielen Seiten berichtet Wolfe darüber, wie Wallace und Darwin parallel zu der Erkenntnis gelangen, wie sich die Arten entwickeln. Nur ist Darwin ein englischer Gentleman mit hochrangigen Freunden und Wallace nur ein kleiner „Feldforscher“. Wolfe nutzt diesen Gegensatz dann später wieder, wenn er tatsächlich zur Linguistik kommt. Dann sind die beiden „Kontrahenten“ der weltberühmte Noam Chomsky mit seiner Universalgrammatik und der „kleine“ Feldforscher Daniel Everett, der sich im Amazonasbecken nicht nur die Hände schmutzig macht, als er Jahre lang bei einem unzivilisierten Stamm lebt, der die Sprachtheorien des Linguistengottes Chomsky fundamental auf die Probe stellt. Die Sprache der Piraha kennt nur das Präsens, nur Hauptsätze, keine zahlwörterüber zwei, keine Farbbegriffe etc.
Um noch einmal den Klappentext zu zitieren: „Wie der Mensch zur Sprache kam, darüber haben sich Forscher in den letzten hundertfünfzig Jahren die Köpfe heißgedacht und –geredet. Das hat, wie Tom Wolfe genüsslich darlegt, Koryphäen von Charles Darwin bis Noam Chomsky allerdings zu keiner Zeit davon abgehalten, grandiose neue Erfolge zu verkünden, die gar keine waren, Konkurrenten zu diffamieren, anstatt eigene Fehler einzugestehen, und generell des Kaisers neue Kleider in den schillerndsten Farben zu beschreiben.“
Es ist wirklich eine launige, spannende, erhellende und neugierig machende Lektüre. Der Schluss soll natürlich nicht verraten werden, das würde nur das Lesevergnügen schmälern. Mit knapp über 200 Seiten ist das Buch die geeignete Wochenendlektüre. Sehr zu empfehlen – und natürlich auch im Bestand der Stadtbibliothek vorhanden.