Eine globale Erfolgsgeschichte
Die Sterne waren nur der Anfang, Teil 10
Klaus Herzig |
Die Vorteile des Planetariums für das Verständnis astronomischer Phänomene waren in kurzer Zeit weltweit anerkannt. Neben den Projektoren von Zeiss entwickelten auch andere Firmen und Tüftker eigene Versionen von Projektionsplanetarien. In Lübeck entstand so bereits 1931 der erste für den Einsatz in Schulen geeignete Projektor.
In den USA baute Harwey Spencer Lewis drei Projektoren mit Lochblenden zur Sterndarstellung. Und Frank und John Korkosz realisierten einen Projektor für das Springfield Museum (Massachusetts), der 1937 in Betrieb genommen wurde. Dennoch blieb Zeiss bis zum zweiten Weltkrieg die einzige Firma, die Planetariumsprojektoren in Serie herstellte und lieferte 27 große Planetarien aus.
Planetarien sind besonders geeignet, Grundlagen der astronomischen Navigation zu erlernen. Für Seefahrtsschulen und für das Pilotentraining sind die großen Kuppeln unzweckmäßig, da nur wenige Personen am Training beteiligt sind. Zeiss entwickelte deshalb Mitte der 1930er Jahre ein Kleinplanetarium für Kuppeln mit nur 6 m Durchmesser, wovon 20 Geräte gefertigt wurden.
Zwischen 1960 und 1975 trainierten mehr als 60 Astronauten aus den Mercury-, Gemini- und Apollo-Programmen sowie Skylab und dem Apollo-Sojus-Testprojekt im Morehead Planetarium & Science Center (North Carolina, USA). Dieses Training war notwendig, damit die Astronauten, die oft wenig Erfahrung mit Sternbildern oder Astronomie hatten, zuverlässig Leitsterne für die Flugleitsysteme finden konnten.
Nach dem Krieg begannen Firmen in den USA (Spitz Inc.) und in Japan (Minolta Co. Ltd. und Goto Inc.) mit der Entwicklung eigener Planetarien. Da der Patentschutz für Zeiss nicht mehr bestand, konnten sie auf Lösungen aufbauen, die bereits in den ersten Planetariumsprojektoren Anwendung fanden. Es blieb aber weltweit bei einigen wenigen Firmen, die sich an die komplexe Aufgabenstellung heranwagten, optisch-mechanische Planetariumsprojektoren zu bauen.
Die folgende Zeittafel dokumentiert noch einmal die wichtigsten Etappen der inzwischen hundertjährigen Erfolgsgeschichte des Projektionsplanetariums:
1924: Der Zeiss-Planetariumsprojektor Modell II wird entwickelt. Die Hantelform des Sternenprojektors machte die Himmelsdarstellung für alle geografischen Breiten möglich.
1926: Die ersten Großplanetarien mit mehr als 20 m Kuppeldurchmesser eröffnen in den deutschen Städten Barmen (Wuppertal), Leipzig, Jena, Dresden und Berlin; im Jahr darauf auch in Düsseldorf, Mannheim, Nürnberg, Hannover und Stuttgart.
1927: Das Planetarium findet über den ganzen Globus Verbreitung. In den Städten Wien, Rom, Moskau, Chicago, Stockholm, Mailand, Philadelphia, Den Haag, Los Angeles, Brüssel, New York, Osaka, Paris, Tokio, Pittsburgh, Göteborg und Chapel Hill in North Carolina entstehen bis Mitte des 20. Jahrhunderts Planetarien mit einem Zeiss-Sternenprojektor.
1937: Die Brüder Frank und John Korkosz aus Springfield in Massachusetts eröffnen ein Projektionsplanetarium mit einem selbstgebauten Projektor. Alternativen zum Zeiss-Planetarium finden vorerst jedoch kaum Verbreitung.
1945: In Deutschland haben nur die Planetarien in Jena und Hamburg den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden. Mit Ende des Krieges und mit Beginn des Raumfahrtzeitalters setzt erneut ein Planetariumsboom mit vielen Neu- und Wiederinbetriebnahmen ein.
1947: Armand Spitz gründet die nach ihm benannte Firma, die vor allem viele amerikanische klein- und mittelgroße Planetarien ausstattet. In Japan beginnt der Industrielle Seizo Goto 1959 mit der Lieferung von Planetariumsprojektoren, wenig später auch die Firma Minolta. Weitere Anbieter kommen hinzu: in Italien (Gambato, 1974), China (Jindu, 1965) und Frankreich (RSA Cosmos, 1985).
ab 1950: In einzelnen Planetarien wird der Sternenprojektor durch Diaprojektoren ergänzt. Wechselnde Panoramen und Allsky-Projektionen bereichern die Planetariumsvorführungen. In den 1980er-Jahren kommen zusätzlich Videoprojektoren zum Einsatz.
1973: Im Griffith-Planetarium in Los Angeles wird eine Lasermusikshow uraufgeführt. Zunehmend nutzen Planetarien Laser als zusätzliche Showelemente.
1983: Die erste kuppelfüllende digitale Projektion, beschränkt auf Sterne und Vektorgrafik, wird von der Firma Evans & Sutherland realisiert. Damit kann nun auch der Anblick der Sterne von einem beliebigen Standpunkt im Kosmos simuliert werden.
1990: In den 1990er-Jahren werden leistungsfähige Grafikrechner erschwinglich. Damit ist der Weg frei für die Entwicklung kuppelfüllender Videoprojektionen mit beliebigen Bildinhalten.
1998: Die Firma Sky-Skan präsentiert auf der Konferenz der International Planetarium Society (IPS) in London die Wiedergabe eines astronomischen Animationsfilms auf der gesamten Planetariumskuppel.
2000: Nach der Jahrtausendwende installieren immer mehr Planetarien ein Videoprojektionssystem für die ganze Kuppel (Fulldome). Zahlreiche Planetarien verzichten in der Folge auf den klassischen Sternenprojektor.
Heute: Die Bandbreite der mehr als 3500 Planetarien weltweit ist groß: Sie reicht von mobilen Kleinplanetarien für Schulen bis hin zu Großplanetarien mit bis zu 35 m Durchmesser. Bedeutende Planetarien nutzen beides simultan: sowohl den brillanten Sternenhimmel vom klassischen Sternenprojektor als auch die Möglichkeit der Darstellung von Filmen und Echtzeitvisualisierungen mit einem Fulldome-Projektionssystem.
Fotonachweis:
- Sternkammer Lübeck (c)_Vinatge Germany - Bildagentur für historische Fotographie
- Kleinplanetarium: Zeiss
- Astronautentraining: UNC-Chapel Hill Libraries
- Chicago: Wikipedia/Public Domain