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Die Erfindung des Projektionsplanetariums

Die Sterne waren nur der Anfang, Teil 6

Klaus Herzig |

MINT, Planetarium

Mit diesem Beitrag kommen wir nun zum Anlass dieser Reihe, nämlich der Erfindung des Projektionsplanetariums. Hauptorte der Geschichte sind Jena und München.

 

Oskar von Miller
Oskar von Miller, Ingenieur, Gründer des Deutschen Museums, 1915 / © Wikipedia

In der bayerischen Hauptstadt versuchte Anfang des 20. Jahrhunderts der Bauingenieur Oskar von Miller (1855 – 1934) sich seinen Lebenstraum zu erfüllen: ein großes naturwissenschaftlich-technisches Museum für die breite Öffentlichkeit. Er war damals bereits eine wichtige Unternehmerpersönlichkeit im Bereich der aufkommenden Elektrizitätswirtschaft. So trieb er in Bayern den Aufbau eines landesweiten Stromversorgungsnetzes voran. Bereits von 1883 bis 1889 war er, gemeinsam mit Emil Rathenau, Direktor der Deutschen Edison-Gesellschaft (der späteren AEG), gewesen. Er beriet von Miller dann auch, ebenso wie andere Wissenschaftler und Unternehmer, beispielsweise Max Planck, Hugo Junkers und Wilhelm Conrad Röntgen, beim Aufbau der Abteilungen des 1903 gegründeten Museums.

Es sollte nach von Millers Plänen ein ganz besonderes Museum werden. Nicht Kunst und Kultur, sondern „Meisterwerke der Naturwissenschaften und Technik“ sollten ausgestellt werden. Wichtig war ihm auch die Einbeziehung des Publikums, und dazu hatte er einige Ideen.

Museumsinsel München
Das Deutsche Museum heute / © Museen in Bayern

Die anschauliche Demonstration der Erscheinungen am Nachthimmel war eine dieser Ideen. Nur gab es keine Apparate, die seinen Vorstellungen der Himmelsdarstellung genügten. Er wollte das Ganze nämlich aus zwei Blickwinkeln darstellen. Einmal der Blick von außen auf das Sonnensystem mit einem, das die kopernikanische, also heliozentrische Sichtweise der Planetenbewegung darstellte. Und zum anderen der Blick von der Erde an den Himmel, der die Bewegungen der Planeten, von Sonne und Mond aus der gewohnten Perspektive des menschlichen Beobachters vorführt.

1912 erarbeitete er selbst erste Vorstellungen und wandte sich damit an Mechaniker und Uhrmacher. Es sollte ein großes Modell des Sonnensystems geben, über das sich ein Gewölbe spannte, das den Himmel von München zeigte, und zwar mit Glühlämpchen zur Darstellung der Sterne.

Aber für dieses Modell fand er keine Firma, die es konstruieren und bauen wollte.  Carl Zeiss sagte 1913 eine Entwicklung ab. Oskar von Miller gab nicht auf und schickte seine Vorstellungen unter anderem an den Astronomen Max Wolf in Heidelberg.

Dieser schlug daraufhin eine begeh- und drehbare Blechkugel vor. Was weder er noch, von Miller wussten: Eine ähnliche Konstruktion, die Sternkugel von Atwood, war gerade auch 1913 in Chicago eröffnet worden (siehe auch Teil 5 dieser Reihe). Sonne, Mond und Planeten sollten über Gelenkwellen bewegt werden. Von Miller sah hierin eine Lösung für das geozentrische, oder wie er selbst sagte, das Ptolemäische Planetarium. Für die Darstellung des Sonnensystems sollte dann ein zweites, Kopernikanisches Planetarium gebaut werden, was dann auch später realisiert wurde. Es wurde an die Decke gehängt und die Besucher konnten darunter umherspazieren.

„Kopernikus-Planetarium“ im Deutschen Museum München
„Kopernikus-Planetarium“ im Deutschen Museum München

Für den geozentrischen Teil wandte sich Oskar von Miller erneut an die Firma Carl Zeiss und diese Mal gelang es ihm die Geschäftsleitung zu überzeugen, sich zumindest erst einmal mit dem Thema eines Planetariums für den geplanten Neubau des Deutschen Museums zu beschäftigen.

Also begann man in der Astronomie-Abteilung in Jena unter der Leitung des Konstruktionsleiters Franz Meyer mit der Erarbeitung von ersten Ideen und Entwürfen. Am 24. Februar 1914 trafen sich Vertreter der Deutschen Museums mit Zeiss in Jena. An diesem Treffen nahm erstmals auch Walther Bauersfeld, Mitglied der Geschäftsleitung von Zeiss, teil. Er hielt nichts von einer komplizierten mechanischen Lösung, sondern schlug vor, Sonne, Mond und Planeten aus der Mitte der Kugel mit einer einfacheren Konstruktion zu projizieren. Die Idee der Projektion griff der wissenschaftliche Direktor von Zeiss, Rudolf Straubel, sofort auf und meinte, dass man dann aber auch die Fixsterne selbst auf diese Kugel projizieren sollte. Dieses Gespräch markiert somit die Geburtsstunde des Projektionsplanetariums. Der erste Weltkrieg schränkte die weitere Arbeit an einem Prototyp für München jedoch sehr stark ein.

Auch nach Kriegsende 1918 kam die Arbeit an den Planetarien wegen der Überlastung der Konstruktionsbüros in Jena nur langsam voran. Es half auch nicht, dass Oskar von Miller drängte. Erste Versuche zur Projektion der Sterne waren nämlich nicht erfolgreich gewesen, so dass man ernsthaft erwog, die Idee der Fixsternprojektion wieder aufgeben zu wollen. Im März 1919 entwarf die Astro-Abteilung ein Schreiben an Oskar von Miller zurück, in dem man zur Rückkehr zu einer drehbaren Blechkugel riet. Walther Bauersfeld hielt den Brief jedoch zurück und setzte sich umgehend selbst mit den Schwierigkeiten der Fixsternprojektion auseinander. Er entwickelte wesentlichen Lösungsansätze, zum Beispiel die Himmelsaufteilung auf 32 Felder, wofür 32 gleichartige Fixsternprojektoren eingesetzt werden konnten.

Letztlich brauchte es noch vier weitere Jahre mit theoretischen Grundlagenuntersuchungen, Versuchsaufbauten, konzeptionellen Weiterentwicklungen und komplexen Konstruktionsarbeiten, bis der erste Projektor Gestalt annahm. Darüber dann mehr im nächsten Teil der Reihe.

 

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