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Bilder vom Himmel

Die Sterne waren nur der Anfang, Teil 3: Mechanische Himmelsdarstellungen

Klaus Herzig |

MINT

Das Interesse, die Vorgänge am Himmel durch Maschinen darzustellen, ist schon weit älter als die Idee eines Projektionsplanetariums. Im Altertum begann man darüber nachzudenken, wie man die beobachte Bewegung der Himmelskörper mechanisch nachbilden konnte. Antike Autoren berichten in ihren Schriften über eine wahrscheinlich von Archimedes konstruierte mechanische Kugel, die die Bewegungen von Sonne und Mond darstellen konnte.

Antikythera
Antikythera / © Juanxi, 2020 Tony Freeth

Laut dem Römer Cicero wurden sogar zwei dieser „Planetarien“ nach Rom gebracht. Er berichtet außerdem, dass schon Eudoxos von Knidos und Thales von Milet solche Geräte gebaut hätten. Erhalten haben sie sich nicht, es gibt aber Spekulationen, dass der Mechanismus von Antikythera auf ihnen aufbaute. Dabei handelt es sich um einen 1901 in einem Schiffswrack vor der Küste der griechischen Insel Antikythera gefunden Apparat aus Bronze. Er ist nur in verwitterten Teilen erhalten, gilt aber dennoch als komplexestes Gerät der Antike. Da nur wenige Teile erhalten sind, ist die Funktionsweise noch nicht restlos geklärt. Es scheint aber festzustehen, dass dieses Gebilde aus mehr als 30 Zahnrädern, Zifferblättern und Zeigern eine Art analoger Himmelscomputer war und auf der Rückseite u. a. Termine von Mond- und Sonnenfinsternisse angab. Die Vorderseite zeigte nach neuesten Forschungsergebnissen die Phasen des Mondes und die Position der Sonne an, aber auch die Umläufe und Positionen der Planeten, wie sie von der Erde aus erscheinen.

Armillar-Sphäre
Armillar-Sphäre / © Wikipedia

Weniger komplex und genau waren die Armillarsphären, die in ersten einfachen Entwürfen schon im alten Babylonien existierten. Hier werden die Umlaufbahnen der Planeten mit Metallringen abgebildet, die gegeneinander verdreht werden können und zusammen eine Kugel bilden. Der Beobachter befindet sich im Mittelpunkt dieser Kugel. Im bis zur Neuzeit vorherrschenden geozentrischen Weltbild saß dort also die Erde. Armillarsphären waren in der Antike und später im islamischen Kulturkreis weit verbreitet, auch in China waren sie bekannt. Der berühmte Astronom Zhang Heng verbesserte sie z. B. im ersten Jahrhundert nach Christus durch einen hydraulischen Antrieb. In Europa wurden aber erst ab dem späten Mittelalter und der beginnenden Neuzeit Armillarsphären in größerem Umfang verwendet. Sie sind schön anzuschauen und wurden oft auch sehr kunstvoll ausgestaltet. Sie sind aber nur schwer zu nutzen, da man sich als auf der Erde sitzender Beobachter gedanklich in den Mittelpunkt der Armillarsphäre versetzen muss, um die Positionen der Planeten abzulesen.

Orrery
Orrery / © Birmingham Museums Trust

Mit Beginn des 17. Jahrhundert kamen dann Planetenmaschinen auf: mechanische Geräte, die den Umlauf der Planeten (oft nur von Merkur, Venus und Erde/Mond) darstellen. Sie werden oft auch als Orrerys bezeichnet, nach dem 4. Earl of Orrery, Charles Boyle, für den 1713 eine solche Apparatur gebaut wurde. Um die Begriffsverwirrung komplett zu machen, werden Orrerys manchmal auch „Planetarien“ genannt., denn sie dienten ja dazu, die Bewegung der Planeten zu veranschaulichen. Je nachdem, welche Himmelskörper mit dem Orrery dargestellt werden, lassen sich verschiedene Unterarten unterscheiden. So wird ein Modell, das nur die Bewegung der vier großen galileischen Monde um den Jupiter beschreibt, Jovilabium genannt. Mit Tellurium, nach dem lateinischen Wort Tellus für Erde, werden die Bewegungen von Erde und Mond abgebildet. Kleine Kugeln, die diese Himmelskörper modellieren sollen, drehen sich an einem Hebelarm um eine zentrale Lichtquelle, die die Sonne darstellen soll. So lassen sich die Entstehung der Jahreszeiten, Mondphasen und Finsternisse veranschaulichen.

Wilhelm Schickhardt
Wilhelm Schickhardt / © Wikipedia

Wilhelm Schickard (1592–1635) gehört mit zu den ersten, die solche Handplanetarien bauten. Er selbst ist auf einem Gemälde aus dem Jahr 1631 mit einem Tellurium abgebildet. Die ältesten noch erhaltenen Tellurien werden aber dem Niederländer Willem Janszoon Blaeu (1571–1638) zugeschrieben.

Baut man das ganze sehr viel größer, kann man sich das Planetarium auch an die Decke hängen. Diese Mechanik-Planetarien werden zu Ehren des Astronomen, der die Sonne in den Mittelpunkt des Planetensystem stellte, auch Kopernikus-Planetarien genannt. Ein wunderschönes Exemplar, das auch heute noch funktionstüchtig ist, befindet sich an der Wohnzimmerdecke eines friesischen Grachtenhauses im niederländischen Franeker. Es wurde zwischen 1774 und 1781 vom Wollkämmer Eise Eisinga gebaut und ist heute Teil eines Museums.

Kopernikus Planetarium
Kopernikus-Planetarium / © Zeiss AG

Auch im Deutschen Museum in München gab es ein großes Kopernikus-Planetarium, das die Firma Carl Zeiss Jena für das Museum konstruiert hatte. Damit ließen sich schon einmal die Planetenbewegungen simulieren. Der Museumsleiter Oskar von Miller wollte aber mehr – einen naturgetreuen Sternenhimmel. Also gab er den Auftrag für ein neues Projekt – das Projektionsplanetarium.

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