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Geschichten erzählen wie die Bestseller-Autorin Isabel Bodgan

Bei den texttagen.nuernberg stehen inspirierende Begegnungen auf dem Programm

Gast Autor*in |

Literatur, Bildungszentrum, Stadtbibliothek

Vom 12. bis 14. Juli 2024 ist es wieder so weit: Die texttage locken nach Nürnberg. Drei Tage lang dreht sich am Bildungszentrum und der Stadtbibliothek alles ums Zuhören, Mittexten und Ausprobieren. Was das Literaturfestival einzigartig macht, ist seine Fokussierung auf die Textproduktion, sprich: auf das Schreiben sowie auf die Vernetzung
von regionaler und überregionaler Szene. Dieses Jahr mit dabei bei den texttagen.nuernberg: Die Hamburger Schriftstellerin und Übersetzerin Isabel Bogdan (Jahrgang 1968). Ihre beiden Bestseller-Romane „Der Pfau“ und „Laufen“ wurden 2021 und 2022 verfilmt.


Frau Bogdan, im Juli sind Sie erneut zu Gast in Nürnberg, nun beim Literaturfestival texttage.nuernberg. Was dürfen die Nürnbergerinnen und Nürnberger diesmal von Ihnen erwarten?
Bei den Nürnberger texttagen soll unter anderem der Prozess des Schreibens sichtbar gemacht werden. Das heißt, es gibt zum einen Schreibworkshops mit den anwesenden Autor*innen, zum anderen Lesungen, bei denen man auch ein bisschen vom Schreiben erzählt.

Sie waren ja schon ein paarmal da. Haben Sie was von der Stadt mitgekriegt?
Leider kaum. Ich war 2016 zu einer Lesung mit meinem ersten Roman „Der Pfau“ in Eibach, am Tag davor in Bielefeld, am Tag danach in Köln. Da war zwischendurch gar keine Zeit für die Stadt. Und dann war ich im Sommer 2023 zu einer Vorführung des „Pfau“-Films im Innenhof des Museums Tucherschloss, das war wahnsinnig schön, ein herrlicher Sommerabend. Die texttage gehen das ganze Wochenende, ich hoffe, diesmal ein bisschen mehr von der Stadt mitzubekommen!

Bei den texttagen werden Sie lesen, aber auch lehren. Hand aufs Herz: Kann man gutes Schreiben lernen?
Ich glaube, dass in jeder Art von Kunst ein beträchtlicher Teil Handwerk steckt, und diesen Teil kann man auf jeden Fall lernen.

Sie begeben sich selbst regelmäßig mit Kolleginnen und Kollegen in ein Schreibcamp, was ich bemerkenswert finde: wenn ein Meister immer noch selbst lernen möchte und daraus keinen Hehl macht ...
Wir alle sitzen ja die meiste Zeit zu Hause am Schreibtisch und sind mit unseren Problemen allein. Für viele ist das total okay so, aber mir ist der Austausch mit Kolleginnen – zum Beispiel bei unserem jährlichen Schreibcamp – unglaublich
wichtig. Wir sprechen über Texte, über Selbstmotivation, den Literaturbetrieb, Erzählperspektiven, Figurenzeichnung oder Spannungsbögen, was auch immer gerade anfällt. Außerdem ist immer jemand dabei, der super kochen kann, und es gibt einen herrlichen Badesee in der Nähe. Ich freue mich immer schon das ganze Jahr auf diese Woche.

Isabel Bodgan wechselt zwischen selber Schreiben und Übersetzen von anderen Werken. / © Heike Blenk

Sie sind Schriftstellerin, Übersetzerin und bloggen.

Kurz nachgeguckt: Ganze fünf Blogeinträge seit Oktober 2019, damit kann man mich wohl nicht mehr wirklich als Bloggerin bezeichnen. Aber es stimmt, viele Jahre lang habe ich das mit großer Begeisterung gemacht. Eigentlich schon seit Blogs überhaupt aufkamen. Jedenfalls haben Blogs oft eine ganz eigene Sprache, an der ich mich lange versucht habe: Diesen ganz speziellen locker-leichten, freischwebenden, unaufdringlichen Mix aus nah und fern, aus Brief, Selbstgespräch und Klönen mit dem besten Freund/der besten Freundin; und das alles mit einem gewissen Online-Chic, den ich selbst leider nie getroffen habe.

Was ist hier Ihr Geheimnis?
Welchen Ton man da anschlägt, ist einem ja selbst überlassen. Ich habe nicht groß drüber nachgedacht, es kam so, wie es kam. Und ich habe tolle Leute darüber kennengelernt. Heute wohne ich auf Facebook.

Okay. Ist da noch wer?
Wir alten Leute halt.

Stichwort „den Ton treffen“: Die Kunst des Übersetzens – wie tief geht man da rein ins fremde Material? Verschwimmen da irgendwann die Abstände? Oder andersrum gefragt: Wird man zum Veganer, wenn man ein Buch wie „Tiere essen“ ins Deutsche übersetzt?
Man taucht schon sehr tief ein, recherchiert alles nach. „Den Ton treffen“ ist für mich der Grund, warum das Literaturübersetzen so einen Spaß macht. Es ist das, was es eigentlich ausmacht. Sich in jemand anderen verwandeln, wie eine Schauspielerin. Ein Buch wie „Tiere essen“ geht nicht spurlos an einem vorüber – ich bin zwar nicht Veganerin geworden, habe mein Ess- und auch sonstiges Konsumverhalten aber gründlich umgekrempelt. Die Übersetzung ist jetzt 14 Jahre her und wirkt immer noch nach.

"Eine Frau läuft. Und der Text läuft mit" - Isabel Bogdan liest bei den texttagen.nuernberg aus ihrem Roman "Laufen" / © KiWi Verlag

Wie arbeiten Sie? Sind Sie Eule oder Lerche? Ist bei Ihnen alles vorher durchgeplant oder läuft das eher nach dem Motto „Rock'n'Roll!“?
Eule! Und eher Punk, auch wenn man mir das nicht ansieht. Ich komme erst sehr langsam aus dem Quark und verbringe viel Zeit damit, vor dem leeren Bildschirm zu sitzen und mich zu fürchten. Dann schreibe ich eruptiv. Plötzlich brechen fünf Seiten am Stück aus mir raus, und ich denke: huch, woher kam das denn jetzt? Je näher die Deadline rückt, desto effizienter werde ich.

Wo schreiben Sie?
Nach fast 20 Jahren zu Hause habe ich jetzt seit ein paar Jahren einen Platz in einem Gemeinschaftsbüro, und das liebe ich sehr. Theoretisch sind wir zu fünft, es sind aber nie alle da. Zu Hause bin ich irgendwann verlottert – es tut mir gut, mich morgens richtig anzuziehen und zur Arbeit zu fahren. Und da bin ich dann bei der Arbeit und erledige nicht alles Mögliche andere. Tatsächlich funktioniert das Schreiben am besten, wenn ich wegfahre. Irgendwohin, wo ich niemanden kenne und wo nichts ist. Und am allerliebsten zu zweit oder zu dritt.

Ab wie vielen Projekten parallel wird es doof und unübersichtlich?
Schon beim zweiten. Als ich anfing, den „Pfau“ zu schreiben, habe ich versucht, das neben dem Übersetzen zu machen. Es hat nicht funktioniert. Ich kann nicht morgens schreiben wie Jane Gardam und nachmittags wie Isabel Bogdan. Aber ich liebe es sehr, die verschiedenen Tätigkeiten jetzt abwechseln zu können: mal übersetzen, dann schreiben, dann wieder auf Lesereise gehen. Ein paar Kleinigkeiten wie Interviewfragen beantworten gehen natürlich auch parallel zum laufenden Romanprojekt.

2021 und 2022 wurden Ihre beiden Romane „Laufen“ und „Der Pfau“ verfilmt. Hat man es geschafft, wenn ein Buch von einem ins Kino und ins Fernsehen kommt?
Eine Verfilmung ist wahrscheinlich für die meisten Autor*innen ein Traum. Auch wenn viele dann doch enttäuscht sind vom Ergebnis.

Die Schauspieltruppe erweckt die Romanfiguren zum Leben, wie hier bei „Der Pfau“. / © Tobis Film

Hat man da ein Mitspracherecht bei der Verfilmung oder gibt es nur mit etwas Glück eine Karte für die Premierenparty?
Ein Mitspracherecht hat man formaljuristisch eher nicht – man verkauft die Rechte, und dann kann jemand anderes mit dem Stoff machen, was er will. Ich hatte aber in beiden Fällen das Riesenglück, dass die Produktionsfirmen mich einbezogen haben und meine Meinung hören wollten. Und beide Filme sind fantastisch geworden. Es gab rauschende Premierenfeiern, für den „Pfau“ in Köln und für „Laufen“ auf dem Münchner Filmfest. Es war alles sehr glamourös und großartig!

Und die Villa ist damit dann auch schon abbezahlt ...?!
Haha. Gut, über Träume soll man nicht spotten. Mein nächster Traum wäre jetzt das Theater. „Laufen“ wäre wunderbar als Theatermonolog geeignet ...

Sie feiern eine Gartenparty. Der Clou: Leichen willkommen! Künstler, die schon tot sind, Gruppen/Bands, die es so nicht mehr gibt, dürfen für diesen einen Nachmittag zurückkommen. Welche drei Gäste treten bei Isabel Bogdans Gartenparty auf?
Harry Belafonte, Dorothy Parker und Astrid Lindgren. Wenn Lebende eingeladen würden, hätte ich gern noch Dolly Parton dabei.


Fragen: Stefan Gnad
 

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