Zum Hauptinhalt springen

Internationales Co-Working-Literaturstipendium „Hermann Kesten“

Die Neuauflage des Stipendiums „Hermann Kesten“ wurde 2021 gemeinsam vom Amt für Internationale Beziehungen und der Koordinierungsstelle für Literatur konzipiert.

Kathleen Röber |

Literatur

Die Neuauflage des Stipendiums „Hermann Kesten“ wurde 2021 gemeinsam vom Amt für Internationale Beziehungen und der Koordinierungsstelle für Literatur konzipiert. Im September 2021 verschrieb es sich der Zusammenarbeit von Literatinnen und Literaten sowie Übersetzerinnen und Übersetzern aus Nürnbergs Partnerstädten und der fränkischen Szene. Während des zweiwöchigen Aufenthaltes wurden nachhaltige Arbeitsbeziehungen geknüpft und die internationale Vernetzung in Schwung gebracht – persönliche und besondere Momente bleiben in Erinnerung.

Das Stipendienprogramm ist im Literaturportfolio der Stadt Nürnberg auch durch seine langjährige Tradition und internationale Ausrichtung einzigartig. Die ersten Gäste wurden vom Amt für Internationale Beziehungen bereits im Jahr 2000 anlässlich des 950-jährigen Stadtjubiläums begrüßt. Seither konnten die oft verborgenen Liebreize der Stadt literarisch und journalistisch in die Welt getragen werden.

Hermann-Kesten-Stipendium
Hintere Reihe, von links: Johanna Gonzaléz, Urszula Poprawska, Leonhard F. Seidl, (Statue Hermann Kesnten), Christine Cazon, Benjamin Murphy, Peter Russell, Ulrike Seeberger, Katharina Stinrweiß. Vorne: Franciscio José Jurado, Sandrine Tires-La Spina. / © Heinz Wraneschitz

Das Programm

Ursprünglich war das Programm für 2020 geplant. Doch nach längerer Überlegung, aufgrund der dann geltenden Corona-Auflagen eventuell auf eine digitale Komponente umzusteigen, wurde schnell klar: Die gemeinsame Übersetzungsarbeit an literarischen Texten ist durch Begegnung und den fachkundigen Austausch intensiver und nachhaltiger. Neben dieser Tätigkeit hatten alle Stipendiatinnen und Stipendiaten ausreichend Zeit an diversen Exkursionen, regionalspezifischen Begegnungsformaten und Veranstaltungen teilzunehmen.

Exemplarisch könnte man hier den Besuch des Memoriums Nürnberger Prozesse und die Besichtigung des Faber-Castell Schlosses in Stein nennen. Internationale Journalistinnen und Journalisten, Autorinnen und Autoren waren dort tätig und haben von dieser besonderen Zeit während des Hauptkriegsverbrecherprozesses berichtet, der vor rund 75 Jahren stattfand. Ein Schauplatz vieler privater wie politischer Geschichten. Narrative, die wiederum die Kreativität der Stipendiatinnen und Stipendiaten beflügelten, sich in ihrem Gepäck nach Hause befinden, möglicherweise neue Geschichten speisen.

Hermann-Kesten-Stipendium
Die Stipendiaten im Press-Camp in Stein

Nürnberg neu erzählen

Im Sinne der Kulturstrategie Nürnbergs wird Nürnberg so „neu erzählt“, die Vernetzung und Kooperation von lokalen und internationalen Akteuren im Sinne einer Literaturförderung sowie die Sichtbarkeit der Attraktivität des Literaturstandortes gestärkt. Warum das alles gut und sinnvoll ist, mag nicht sofort ins Auge stechen. Wenn man jedoch tiefer in das Thema eintaucht, wird schnell klar, dass literarische Übersetzung ein oft unterbelichtetes Fachgebiet des Literaturbetriebs ist. In andere Sprachen übersetzt zu werden, sowie verlegt als auch gelesen zu werden ist einerseits das Ziel eines jeden Schreibenden, andererseits bringt es gesellschaftliche und geschichtliche Themen von einer Kultur in andere Kulturen.

Hermann Kesten als Vorbild

In diesem Sinne agierte schon der Namensgeber des Stipendiums, Nürnbergs Ehrenbürger Hermann Kesten (1900-1996). Seine in Deutsch geschriebenen Veröffentlichungen wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt und machten ihn weltweit bekannt. Übersetzungen sind es, die Literatur in die Welt bringen, die ästhetische Freiheiten und künstlerische Gestaltungen des Schreibenden erschließen und für andere Sprachräume zugänglich machen. Hermann Kesten schrieb aber nicht nur selbst, er entdeckte und förderte Zeit seines Lebens junge Literaturtalente.

Hermann-Kesten
Nürnbergs Ehrenbürger Hermann Kesten (1900-1996)

Die Stipendiaten und Stipendiatinnen 2021

Córdoba – Nürnberg
Francisco José Jurado (Autor) – Johanna González (Übersetzerin)

Cannes (Nizza) – Nürnberg
Christine Cazon (Autorin) – Sandrine Tiers-La Spina (Übersetzerin)

Krakau – Fürth
Urszula Poprawska (Übersetzerin) – Leonhard F. Seidl (Autor)

Glasgow – Nürnberg
Peter Russell (Autor) – Ulrike Seeberger (Übersetzerin)

Glasgow – Erlangen
Benjamin Murphy (Autor) – Katharina Stirnweiß (Übersetzerin)

Präsentation der Texte bei Lesungen und der Abschlussveranstaltung

Neben dem gemeinsamen Arbeiten präsentierten die Stipendiatinnen und Stipendiaten ihre Texte auch interessierten Bürgerinnen und Bürgern. Bei vier Lesungen und Gesprächsrunden stellten sie ihre Werke sowie das Zusammenspiel Schreiben – Übersetzen auf Einladung der Partnerschaftsvereine und bei einer Mittagslesung vor. Am Freitag, 24. September 2021 fand die Abschlussveranstaltung mit zweisprachiger Präsentation der entstandenen Texte im Literaturhaus Nürnberg statt. 

Hermann-Kesten-Stipendium
Lesung der Hermann-Kesten-Stipendiaten im Literaturhaus Nürnberg v.l. Ulrike Seeberger (Nürnberg), Peter Russell (Glasgow), Kathleen Röber (Moderation)

Der Hermann-Kesten-Preis

Und es gab 2021 noch eine Neuerung: bei der Abschlussveranstaltung wurde der lokale Hermann-Kesten-Preis, verliehen vom Verband deutscher Schriftsteller und Schriftstellerinnen, Regionalgruppe Mittelfranken erstmals ausschließlich aus dem Personenkreis der Stipendiatinnen und Stipendiaten verliehen. Der Preis richtet sich an Personen oder Projekte aus Nürnbergs Partnerstädten, die sich mit besonderen Leistungen auf dem Gebiet der deutschen Sprache und der Kultur hervorheben. Er dient als Anerkennung für ihre Auseinandersetzung mit relevanten Themen, die für Kesten ebenfalls wichtig waren.

Den diesjährigen mit 1 000 Euro dotierte Hermann-Kesten-Preis erhielt Frau Urszula Poprawska, Übersetzerin aus der polnischen Partnerstadt Krakau. Der Weg von Urszula Poprawska zu der heutigen Ehrung führt durch zwei Jahrzehnte Übersetzertätigkeit, die sich mit einer breiten Vielfalt von Themen beschäftigte. Die Übersetzungen zeugen von der Reichweite ihrer Recherchen, als auch von ihrer Flexibilität in zahlreichen Sprachbereichen, so die Laudatorin, Autorin und Übersetzerin Iwona Lompart. In den letzten Jahren hat sie sich erkennbar in Richtung Übertragungen der schönen Literatur und Romane orientiert. Im Sommer 2021 erscheint ihre Übersetzung von Daniel Kehlmanns „Tyll“ im Verlag Wydawnictwo Literackie, Kraków.

Urszula Poprawska
Urzsula Poprawska (Übersetzerin, Krakau), Preisträgerin des regionalen Hermann-Kesten-Preises des VS Mittelfranken / © Amt für Internationale Beziehungen

Veranstalter:
Amt für Internationale Beziehungen und Bildungscampus Nürnberg
Hermann-Kesten Preis:
Verband deutscher Schriftsteller und Schriftstellerinnen, Regionalgruppe Mittelfranken
Kooperationspartner:
Literaturhaus e.V.

Wenn Sie den Artikel mögen?

Teilen Sie den Artikel mit Ihren Freunden

Verwandte Nachrichten