Deutsch lernen, Kontakte knüpfen und beruflich Fuß fassen
Der Bildungscampus leistet wertvolle Unterstützung bei der Integration
Gast Autor*in |
Das Bildungszentrum (BZ) und die Stadtbibliothek leisten viel für die Integration Geflüchteter und Zugewanderter. Allein 15 vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geförderte Integrationskurse stehen im Programm des laufenden BZ-Semesters. Die Kurse beinhalten einen Sprach- und einen Orientierungskurs. Die Sprachkurse legen den Fokus auf Hörverstehen, Leseverstehen, Sprechen und Schreiben. „Im anschließenden Orientierungskurs geht es unter anderem um Deutschlands Rechtsordnung, Geschichte, Kultur, Politik und das Alltagsleben geht“ sagt Kerstin Hartmann vom Team Integration des BZ.
Darüber hinaus bietet das BZ rund drei Berufssprachkurse. „Diese sind eher allgemein gehalten und bereiten nicht auf ein bestimmtes Berufsbild vor“, sagt Kerstin Hartmann. Stattdessen gehe es darum, die Kursteilnehmenden auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. „Die Sprach- und Integrationskurse sind nach wie vor sehr gut besucht“, sagt Marion Bradl, Fachteamleiterin Deutsch und Integration. An den meisten Kursen können maximal 18 Personen teilnehmen. Die hohe Fachkompetenz der Kursleitungen sei das A und O, sagt Ursula Häußler vom Team Deutsch: „Für die geförderten Sprach- und Integrationskurse gibt es klare Vorgaben vom BAMF.“
Neben den Integrationskursen bietet das BZ rund 50 unterschiedliche Deutschsprachkurse aller Sprachniveaus an. Ein weiterer wichtiger Bereich sei „Deutsch lernen nebenbei“, sagt Ursula Häußler. Dies sind reguläre BZ-Kurse, etwa in den Bereichen Bewegung, Sport oder Kochen. Gezielt werden Personen angesprochen, die Deutsch als Fremdsprache sprechen. Sie können so ganz nebenbei ihre Sprachkenntnisse erweitern.
In der Stadtbibliothek Nürnberg finden Zugewanderte viele Lernmaterialien. Vor allem in Prüfungszeiten werden Bücher zur Prüfungsvorbereitung sehr häufig ausgeliehen, sagt Daniela Ulbrich vom Fachteam Literatur und Sprache der Stadtbibliothek: „Auch Bücher zum Thema ,Deutsch im Beruf‘ werden stark nachgefragt.“ Besonders bei Selbstlernenden beliebt seien Deutschlehrbücher in anderen Sprachen, unter anderem Englisch, Französisch, Russisch, Arabisch, Italienisch oder Ukrainisch.

Regelmäßig bietet das Team der Stadtbibliothek Führungen in leichter Sprache an. Dabei wird das umfangreiche Angebot der Bibliothek vorgestellt. „Wir weisen darauf hin, dass die Führung für Deutschlernende etwa ab Sprachniveau A2 zu empfehlen ist“, sagt Daniela Ulbrich. A2 bedeutet, dass man über grundlegende Sprachkenntnisse verfügt.
Eine enorme Hilfe beim Sprachenlernen ist es, die Sprache in seinen Alltag zu integrieren. Ein beliebter Weg dazu ist das „Tandem-Lernen“. Das Konzept ist einfach. „Zwei Personen mit unterschiedlichem sprachlichem Hintergrund tun sich zusammen, um die Muttersprache des jeweils anderen besser zu lernen“, erklärt Tobias Wildner, Programmmanager beim Fachteam Sprachen im BZ Nürnberg. Wer zum Beispiel Deutsch als Muttersprache spricht und sein Spanisch verbessern will, sucht sich einen Tandem-Partner oder eine Partnerin, der oder die aus Spanien oder Südamerika nach Nürnberg gezogen ist.
Man trifft sich privat und unternimmt gemeinsam etwas. Das kann Sport oder Kultur sein oder man geht einfach gemeinsam spazieren oder ins Café. Dabei unterhält man sich in beiden Sprachen. „Wir vermitteln den Kontakt zum Sprach-Tandem“, sagt Tobias Wildner. In der Stadtbibliothek kann man sein Gesuch an einem Schwarzen Brett aushängen – man gibt also die Sprache, die man anbieten kann, und die Sprache, die man lernen möchte, an. Außerdem stünden BZ-Teilnehmenden durch eine Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Universität deren „Matching-Plattform“ zur Verfügung, sagt Tobias Wildner.
„Angedacht sind außerdem kleine Events, beispielsweise im Rahmen des Sprachentages in der Stadtbibliothek. Dabei wollen wir im Rahmen einer Live-Börse Interessierte zusammenbringen.“ Im besten Fall, sagt Tobias Wildner, findet man dabei sogar Freunde fürs Leben. Er selbst habe vor Jahren im Rahmen eines Studienaufenthalts in Spanien einen Tandem-Partner kennengelernt, mit dem er bis heute eng befreundet sei: „Er wurde später mein Trauzeuge – und wir sind schon gemeinsam in den Urlaub gefahren.“
Thema Arbeit: Viele Zugewanderte, die nach Nürnberg kommen, sind hochqualifiziert. Doch wie schaffen sie es, ihre Karriere in einem zunächst fremden Land fortzusetzen? Hier hilft die Zentrale IQ-Beratungsstelle zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen (ZAQ+) weiter. Sie ist beim BZ Nürnberg angesiedelt und für ganz Franken zuständig. „Unsere Arbeit besteht aus drei Säulen“, erklärt David Scheib, Leiter der ZAQ+. „Erstens die Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung, zweitens die Qualifizierungsbegleitung und drittens das Fachkräfteinformationszentrum, an das sich Unternehmen wenden können, die Fachkräfte suchen.“
Rund 3000 Migrantinnen und Migranten ließen sich 2024 beraten, wie sie ihre ausländischen Bildungsabschlüsse anerkennen lassen können. Zunächst gehe es darum, einen deutschen „Referenzberuf“ zu finden – denn Ausbildungen, Studiengänge und Berufsbilder unterscheiden sich. Daraufhin erhalten Ratsuchende eine Einschätzung und Beratung zu den notwendigen Schritten für eine Anerkennung. Im Bereich Qualifizierungsbegleitung berät die ZAQ+ Zugewanderte meist über sechs bis zwölf Monate.
Nötig ist dies vor allem dann, wenn der ausländische Bildungsabschluss nur teilweise anerkannt wird und Umschulungen oder Zusatzqualifikationen erforderlich sind. 52 Unternehmen hätten sich auf der Suche nach Fachkräften an die ZAQ+ gewandt, sagt David Scheib. „Wir sind ein gemischtes Team, einige von uns haben selbst Migrationshintergrund“, sagt der ZAQ+-Leiter. Unter anderem auf Englisch, Französisch, Russisch, Portugiesisch, Spanisch und Albanisch könne man beraten.
Text: Philipp Demling





