Warum der klassische Sprachkurs trotz Lern-Apps angesagt bleibt
BZ will mit verschiedenen Formaten das digitale Angebot ergänzen
Gast Autor*in |
Das grüne Maskottchen ist hartnäckig: Wer in einer Sprach-App seine Lektionen schleifen lässt, bekommt sofort Erinnerungen und Aufforderungen, dranzubleiben. Im Bildungszentrum Nürnberg (BZ) funktioniert das anders. Hier zählt die eigene Motivation – unterstützt von der Gruppendynamik und der Freude am Austausch. Viele Menschen probieren aktuell eine der zahlreichen Sprachen-Apps aus. Manche bleiben lange dabei, setzen auf kontinuierlichen Fortschritt durch Mini-Lerneinheiten. Es ist besser, sich jeden Tag ein paar Minuten mit der Sprache zu beschäftigen, als einmal in der Woche kompakt eine gute Stunde oder länger, lautet das Credo der digitalen Schülerschaft.
Lydia Glaubitz, Fachteamleiterin Sprachen am BZ, „möchte das Online-Lernen nicht verteufeln“. Sie kennt aber auch die Schattenseiten der durchklickbaren Programme. Daher plädiert Glaubitz für eine Verknüpfung von App und Kurs. Elaine Bell, Programm-Managerin Englisch, verweist auf die verschiedenen Lerntypen. Manche Menschen bevorzugen die autodidaktische Variante. „Ich habe zwei Mal Italienisch bei Duolingo gemacht, dann war Schluss mit den Belohnungspunkten“, schildert Bell ihre eigenen Erfahrungen. Sobald aber keine zusätzlichen Punkte mehr erreichbar waren, hat sie das Interesse verloren. Die meisten digitalen Lernprogramme funktionieren mit psychologisch wertvollen Anerkennungsritualen. Das hält die Leute bei der Stange.

Beim BZ-Team hat die digitale Konkurrenz einen Innovationsschub ausgelöst. Es werden Kurse jetzt zu ungewöhnlichen Zeiten angeboten. Das ist beispielsweise die Mittagspause. Jeden Dienstag um 12 Uhr trifft sich eine Gruppe in den Räumen des BZ am Gewerbemuseumsplatz und übt Italienisch. Somit wird das passive Wissen, das durch Lern-Apps erworben wurde, durch aktive Anwendung ergänzt. Andere Kurse finden spät am Abend, zwischen 20 und 21.30 Uhr, statt. Französisch auffrischen, das geht noch ab 21 Uhr. Egal, ob als Berufstätige oder im Familiendienst als Mutter kleiner Kinder, zu dieser Zeit kann eher etwas Luft zum Lernen frei sein. Wenn die Kurse zu Randzeiten gut nachgefragt werden, ist eine Ausweitung des Kursangebots denkbar.
Die Bandbreite der Themen, die in BZ-Sprachgruppen vermittelt werden, ist groß. „Austausch über Freunde und Familie“ heißt ein Schwerpunkt im Französisch-Programm. Ein anderes beschäftigt sich mit Weihnachten in Frankreich. „Den Alltag bewältigen“, ist ein weiterer Kurs überschrieben. „Meist ist eine Urlaubsreise der Grund, warum jemand eine Sprache lernen möchte“, beobachtet Christine Springer, Programm-Managerin für Italienisch und weitere Sprachen. „Gerade bei selteneren Sprachen freuen sich die Einheimischen, wenn man in ihrer Sprache mit ihnen redet“, weiß sie. Das ist in Schweden ebenso gern gesehen wie in Tschechien oder manch anderem Land.

Natürlich fragen sich manche, ob es angesichts der immer schnelleren, KI-basierten und mobil abrufbaren Übersetzungsprogramme noch Sinn macht, eine Sprache in einem Kurs zu trainieren. Für Elaine Bell ist das keine Frage. Für sie existiert ein klarer Unterschied zwischen denjenigen, die kein Interesse an einer Sprache haben, sie aber im Alltag verstehen müssen. Sie nutzen meist Übersetzungsprogramme. Und den anderen, die sich verständigen möchten, „auch wenn der Akku am Handy leer ist“.
Weil sich das Angebot an digitalen Sprachlern-Apps ständig verändert, setzt Lydia Glaubitz auf eine permanente Weiterbildung ihres Teams. Die Kursleitungen sollen neben ihren angestammten didaktischen Fähigkeiten auch in der Lage sein, die Teilnehmenden bei der Auswahl der Online-Programme zu beraten. Elaine Bell hat bei der Kursleiter-Fortbildung eine neue Sprach-App ausprobiert, die sich „in der Werbung super angehört hat“. Beim Testen funktionierte diese aber „nur mäßig“. Es sei immer hilfreich, „den angebotenen digitalen Programmen nicht blind zu vertrauen“, betont Christine Springer. Denn die Unterschiede sind groß, bei manchen ist die Übersetzung äußerst fragwürdig. Gut, wenn man das erkennt.
Kurse für Apps-Lernende in Englisch, Italienisch und Französisch – späterer Einstieg auch nach Beginn Ende September problemlos möglich. Verschiedene Angebote zum Programm „App und los”.
Text: Petra Nossek-Bock





