Superhelden müssen keine Muskelpakete haben
Im Comic-Workshop werden auch Klischees hinterfragt
Gast Autor*in |
Müssen Superhelden immer wie Bodybuilder aussehen? Müssen Heldinnen perfekte Proportionen haben? Zeit für einen Perspektivenwechsel: Im „Comic-Zeichenworkshop: Helden, Heldinnen, Held*innen“ bricht Kursleiterin Kathrin Rödl mit jahrzehntealten Klischees. Dabei entdecken die Teilnehmenden, was echte Heldenstärke ausmacht, und erschaffen ihre ganz persönliche Figur mit individueller Geschichte. Von der ersten Skizze bis zum eigenen Comic-Cover: Hier entstehen Helden jenseits der Norm.
Kathrin Rödl (39) ist Buchautorin, Illustratorin und Comiczeichnerin aus Nürnberg. Ihr Stil „Friendly Chaos“ zeichnet sich durch einen individuellen, menschlichen, unperfekten aber humorvollen Strich aus. Seit 2022 unterrichtet sie am BZ Nürnberg und ist als Lehrbeauftragte an der TH Nürnberg tätig.
Für Kathrin Rödl sind Comics eine intuitive Erzählform mit unendlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Zwischen zwei Bildern vergeht Zeit und unser Gehirn beginnt automatisch komplexe kreative Denkprozesse, um den Sinn zu erfassen. Besonders spannend findet sie die Möglichkeit, Text in Form von Gedanken, Dialogen, Erzählungen, Kommentaren, Geräuschen oder Informationen aller Art mit den Bildern kombinieren oder den Text einfach weglassen zu können. „Denn die Spannung entsteht manchmal durch das, was im Raum zwischen den Bildern nicht gezeigt wird.“

Klischees zu hinterfragen, hält Kathrin Rödl nicht nur bei Comics für eine gute Idee. Jahrzehntelang prägten unrealistische Körperideale unsere Sehgewohnheiten: Heldinnen sehen wie Topmodels aus, Helden haben Muskelberge. „Aber irgendwann haben Menschen ja entschieden, wie diese Figuren aussehen sollen – und das muss man nicht so stehen lassen“, findet sie.
Im Medium Comic haben sich die extremen Darstellungen über die Jahrzehnte noch weiter gesteigert. Im Kurs zeigt Kathrin Rödl an Beispielen bekannter US-amerikanischer Superhelden-Comics, wie sich diese verändert haben. Das betreffe aber nicht nur weibliche Charaktere, sondern schade allen Geschlechtern, so Rödl, „weil unrealistische und nicht alltagstaugliche Körperbilder unsere Sehgewohnheiten prägen können“.
Weil Comic ein visuelles Medium ist, hinterfragt der Kurs, warum körperliche Merkmale automatisch mit heldenhaften Eigenschaften verbunden werden und was das Aussehen wirklich über eine Person aussagt. Welche Fähigkeiten sind heldenhaft? Laut Kathrin Rödl werden „meistens Verantwortungsbewusstsein, Hilfsbereitschaft, Teamwork oder Mitgefühl genannt“.

Heldinnen und Helden werden also nicht durch das Aussehen definiert, aber körperliche Stärke soll „auch nicht abgewertet werden“. Es gehe um ein Bewusstsein, dass sich Stärke in vielseitiger Form zeigen könne. Wie ein Körper aussieht, sei dabei weniger wichtig als Eigenschaften, Fähigkeiten und die Umsetzung in Handlungen.
Im Kurs gibt es neben theoretischem Input mehrere praktische Übungen zum Ideensammeln. Teilnehmende können auch mit eigenen Ideen in den Kurs kommen. Man entwickelt eine individuelle Comicfigur mit eigenem Namen und gestaltet ein Cover für das persönliche Comic-Heft. In der gemeinsamen Runde tauschen sich alle über erste Ideen für Geschichten aus.
Um von den körperlichen Klischees wegzukommen und Heldinnen und Helden neu zu denken, sollten Teilnehmende verschiedene Materialien mitbringen, um mit Hilfe von Collagen neue Formen für die eigene Figur zu finden, erklärt Kathrin Rödl: „Durch das freie Verschieben von Formen ergeben sich Assoziationen und es entstehen Körperformen, auf die man durch das bewusste Zeichnen nicht kommt.“ Ihr war auch ein niederschwelliger Ansatz wichtig, der sich auf die Inhalte konzentriert, statt auf einen bestimmten Zeichenstil.
Der Kurs ist geeignet für alle, die ihre Sehgewohnheiten reflektieren und eigene kreative Ideen entwickeln möchten. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Teilnehmende sollten Freude am Zeichnen, Collagieren und Experimentieren mitbringen.
Text: Lea-Maria Kiehlmeier





