Korsett, Caprihose und Fast Fashion: Was Mode über ihre Epoche verrät
Themenwelt beleuchtet die verschiedenen Aspekte von Kleidung
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Am 15. Oktober startete die Themenwelt „Angezogen – Ein Blick in den Kleiderschrank“ in der Stadtbibliothek Zentrum und der Stadtteilbibliothek in Langwasser. Eine flache Sohle, ein paar Schnüre zum Festbinden am Knöchel: Der älteste Schuh der Welt wurde in einer Höhle in den USA gefunden. Die Sandale aus Bastfasern ist über 9000 Jahre alt. Heute ist ähnliches Schuhwerk immer noch in Mode. Geändert hat sich freilich das Material.
In der Themenwelt der Stadtbibliothek, die bis zum 17. Januar 2026 zu sehen ist, dreht sich alles um Mode, Stoffe und Alltagskleidung: „Angezogen – Ein Blick in den Kleiderschrank“, ist der Titel der Themenwelt. „Wir werfen einen Blick in die Vergangenheit, zeigen, wie Kleidung heute hergestellt wird, und wollen Wertschätzung für sie schaffen“, erklärt Anne-Kathrin Lindner von der Stadtbibliothek Nürnberg, zuständig für den Lern- und Erfahrungsraum.
Die nunmehr zwölfte Themenwelt blickt auch, wie der Titel erahnen lässt, in diverse Kleiderschränke. „Es wird natürlich nicht verraten, welcher Inhalt welcher Person zuzuordnen ist“, sagt Anne-Kathrin Lindner mit einem Augenzwinkern. Eines haben viele fotografierte Kleiderschränke gemein: Sie platzen aus allen Nähten. Durchschnittlich besitzen Frauen etwa 120 Kleidungsstücke, Männer etwa 70. Wie viele davon brauchen wir wirklich? Und wie viele Jacken, Hosen und Pullis waren Frust- oder Impulskäufe?
„In unserer Gesellschaft wird häufig günstige Kleidung gekauft. Wir ziehen sie ein paarmal an, dann geht sie kaputt und wir werfen sie in die Altkleidertonne. Mittlerweile können die Massen an abgelegter Kleidung nicht mehr verarbeitet werden“, sagt die Bibliotheksmitarbeiterin. Daher sollen Besucher und Besucherinnen der Themenwelt aufgeklärt werden: Woher kommen die Teile? Wer fertigt sie? Wo landen sie, wenn sie nicht mehr getragen werden?

In der Stadtteilbibliothek Langwasser gibt es Informationen zu nachhaltiger Kleidung. „Früher wurde Kleidung ganz anders gefertigt, sie war teuer, man hat sie lange getragen und bei Bedarf ausgebessert“, so Anne-Kathrin Lindner. Tatsächlich haben sich Mode und das Verständnis dafür im Laufe der Zeit stark gewandelt. So stellten im 14. Jahrhundert Personen, die zu Reichtum gelangt waren, ihr Geld zur Schau, indem sie teure Kleidung trugen. Zur selben Zeit bekam das Schneiderhandwerk großen Zuspruch, als die metallene Nähnadel erfunden wurde. Damit ließ sich wesentlich feiner arbeiten, die Kleidung konnte mit Stickereien oder Mustern verziert werden.
Im 16. Jahrhundert kamen verbesserte Webstühle zum Einsatz, die mehr Stoff fertigen konnten. Besonders drastisch änderte sich die Mode im Barock. Frauen flanierten sonntags in Reifröcken und im Korsett durch den Park, während Männer Leibröcke trugen. Damals tauchte zum ersten Mal der Begriff „Mode“ auf: Bürger, die dem Adel nacheiferten, nannte man „À la mode-Kavaliere“. Reiche und Adelige blieben über viele Jahrhunderte hinweg Vorbilder in Sachen Kleidung. So trug die britische Königin Victoria bei ihrer Hochzeit mit Prinz Albert am 10. April 1840 ein weißes Kleid – damals ein Novum.
Viele kreative Köpfe aus der Modebranche waren Jüdinnen und Juden. Wegen ihrer Verfolgung kam im Zweiten Weltkrieg fast der gesamte deutsche und europäische Modebetrieb zum Stillstand. Das änderte sich schlagartig in den Wirtschaftswunderjahren: Frauen trugen Pfennigabsätze, Caprihosen und Nylonstrümpfe. Heute dominieren Online-Händler den Modemarkt, Anbieter aus Fernost stehen für „Fast Fashion“: Shirts und Hosen sind oft sehr günstig, halten in der Regel aber nicht lange – und haben daher eine katastrophale Ökobilanz.

Über all das klärt die Themenwelt der Stadtbibliothek auf. Wer möchte, kann sich an Mitmachstationen mit Stoffen näher beschäftigen, darf zur Nadel greifen oder handarbeiten an einem Stück, das ein anderer Gast dann weiterhäkelt oder -strickt. Rund um die Themenwelt gibt es mehrere Veranstaltungen: An mehreren Terminen gibt
es eine Stilberatung, unter anderem am Montag, 24. November. Kinder dürfen am Freitag, 28. November, eine Modedesignerin, die für einen großen Sportartikelhersteller arbeitet, mit Fragen löchern. Anschließend können die Jungen und Mädchen ein eigenes T-Shirt gestalten. Zu den Angeboten zählen ferner ein Kneipenquiz (Dienstag, 13. Januar) und ein Strickkino, in dem gehandarbeitet und dabei der Film „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior" angesehen wird.
Der Eintritt ist frei. Für die Veranstaltungen muss man sich vorab telefonisch oder per Mail unter stb-themenwelten@stadt.nuernberg.de anmelden, da die Teilnehmerzahl begrenzt ist.
Autorin: Melanie Kunze





