Nur wer die KI richtig füttert, erhält auch kluge Resultate
IT-Experte zeigt die Grenzen von ChatGPT & Co. auf
Gast Autor*in |
Yüksel Say muss lachen, als er die Frage gestellt bekommt, ob das mit der Künstlichen Intelligenz (KI) nun tatsächlich
eine Revolution sei, oder doch etwas überbewertet. „Neun von zehn IT-Experten werden sagen, dass das eine Revolution ist.“ „Der, der übrigbleibt, bin ich“, sagt Say.
Der Nürnberger IT-Experte vermittelt in seinem Seminar Grundwissen rund um das Thema KI. Er findet, dass die Technologie bisweilen überschätzt wird – und erklärt, warum der Mensch unverzichtbar bleibt.
Der 53-Jährige führt eine IT-Consulting-Agentur in Nürnberg – und macht keinen Hehl daraus, dass das, was KI inzwischen leisten kann, auch für ihn „sehr beeindruckend“ ist. Doch er stört sich an dem Begriff „Intelligenz“. Denn KI-Programme besäßen weder menschenähnliche Kreativität noch ein Bewusstsein.
Vielmehr handle es sich, betont Say, um große Sprachmodelle, die riesige Datensätze verarbeiten können und statistische Wort- und Satzfolgebeziehungen erlernt haben. „Letztlich sind das Programme, die sehr gut Wenn-Dann-Befehle ausführen können.“ Das gilt auch für ChatGPT, das derzeit wohl bekannteste KI-Programm, entwickelt vom US-amerikanischen Softwareunternehmen OpenAI.
Vor allem zwei Dinge könnten solche Programme gut, sagt Say: Texte generieren sowie auf Fragen und Folgefragen antworten. Ob der Text, den man bei der KI beauftragt hat, am Ende aber wirklich brauchbar ist, hängt vor allem von den Anweisungen, sogenannten „Prompts“, ab, die man dem System gibt. „Wenn man ein schlechtes Ergebnis bekommt, hat man schlechte Prompts eingegeben“, so der Experte.
Am Ende kommt es also doch auf den Menschen an, denn nur, wenn der detaillierte und präzise Befehle erteilt, kann die KI Resultate auf hohem Niveau liefern. Deshalb gebe es inzwischen Leute, die hauptberuflich KI-Modelle mit Prompts füttern. Dann aber sind exzellente Ergebnisse möglich.
Auch im Beantworten von Fragen sind die Programme gut, weil sie Zugriff auf extrem große Datenmengen haben und diese schneller durchforsten, als es ein Mensch je könnte. Und weil es hunderte Millionen Nutzer auf der Welt gibt, die dem System rückmelden, ob die Antwort für sie zufriedenstellend war. Dadurch lernt die KI ständig dazu und wird besser, sodass es sogar möglich ist, eine Art Gespräch mit ihr zu führen.
Bekanntlich generieren KI-Systeme nicht nur Texte, sondern auch Bilder. „Man kann Fotos mithilfe von KI bearbeiten, zum Beispiel schnell Objekte aus einem Bild entfernen, sodass es nicht auffällt“, berichtet Say. Mit einem konventionellen Bildbearbeitungsprogramm geht das zwar auch, dauert aber viel länger.
Doch gerade wenn es um Bilder geht, wird deutlich, wo die Risiken Künstlicher Intelligenz liegen. „Da sehe ich wirklich eine große Gefahr für die Gesellschaft“, zeigt sich Say besorgt. „Das Tool entscheidet nicht zwischen gut und böse und auch nicht nach Maßstäben von Ethik und Moral.“ Es tut einfach, was man von ihm verlangt. Zwar versuchen Entwickler bisweilen offensichtlichem Missbrauch (zum Beispiel: „Wie baue ich eine Bombe?“) vorzubeugen, oft lässt sich die KI aber austricksen.
Immer wieder sorgen KI-generierte Fälschungen für Irritationen. So geisterte im Frühjahr ein Foto durch die Sozialen Netzwerke, das Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj zeigen soll. Darauf ist zu sehen, wie sich die beiden Präsidenten bei einem vermeintlichen Geheimtreffen im Wald die Hand schütteln. Diese Szene hat es nie gegeben, sie wurde von einer KI erstellt.
Zwar werden diese Fakes oft zeitnah enttarnt, unproblematisch sind sie dennoch nicht, mahnt Say: „Diese Dinge verbreiten sich, Nutzer diskutieren darüber, die KI speichert dann vielleicht falsche Informationen ab.“ Zumal es langfristig ohnehin Spuren in der Gesellschaft hinterlassen dürfte, wenn die Grenze zwischen Lüge und Wahrheit verschwimmt. Zu erkennen sind gefälschte Fotos übrigens oft an seltsam asymmetrischen Ohren der dargestellten Personen, einer unnatürlich verkrümmten Handhaltung oder an Händen mit vier oder sechs Fingern.
Text: Dominik Mayer
In seinem Seminar „KI-Tools und ihre Funktionsweise – ChatGPT und Co.“ geht Yüksel Say detailliert auf die Chancen und Risiken von KI ein.