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Digitaler Wegweiser führt Literaturfans zu poetischen Plätzen

App "LiteraTouren" lädt allein am Irrhain zu zwölf Rundgängen ein

Gast Autor*in |

Literatur

Burg, Hauptmarkt, Albrecht-Dürer-Haus, Reichsparteitagsgelände: Diese Orte stehen auf der Liste jedes Nürnberg-Besuchers. Doch die Stadt lässt sich auch als Ort des geschriebenen Wortes erleben. Die App LiteraTouren, die am Bildungscampus Nürnberg (BCN) konzipiert wurde, bietet literarische Spaziergänge durch die Stadt.

Wer zum Beispiel mehr über den Pegnesischen Blumenorden – der Name ist vom Fluss Pegnitz abgeleitet – erfahren will, sollte die App im Google Play Store oder App Store herunterladen. Rund um den Irrhain und ganz Nürnberg findet man hier nun literarische Touren. „Man kann in der App einen Punkt anklicken und sich dann von Google lotsen lassen“, sagt Kathleen Röber, Literaturkoordinatorin beim BCN und Initiatorin der App.

Der Pegnesische Blumenorden ist die älteste noch bestehende Literaturgesellschaft Deutschlands. 1644, mitten in der Barockzeit, wurde er von Georg Philipp Harsdörffer und Johann Klaj gegründet. Versammlungsort der Mitglieder des Pegnesischen Blumenordens ist seit dem 17. Jahrhundert der Irrhain, ein verwunschenes Wäldchen in Kraftshof, am nördlichen Rand Nürnbergs, mitten im Knoblauchsland. Seit Jahrhunderten dient er den Dichtern und Schriftstellern des Blumenordens als Ort der Inspiration und Meditation.

 

QR-Codes im Irrhain mit der App "LiteraTouren" scannen. / © Hannah Diemer / Stadt Nürnberg

Gemeinsam mit mehreren Partnern, neben dem Pegnesischen Blumenorden zum Beispiel dem Literaturportal Bayern, hat der BCN die App mit unterschiedlichsten Inhalten befüllt. Zielgruppe sind einerseits Touristinnen und Touristen, andererseits Bürgerinnen und Bürger, die sich für die Spuren interessieren, die Nürnberg in der Literaturgeschichte hinterlassen hat. „Die App ist kostenfrei, niederschwellig, zeitunabhängig und barrierefrei“, erläutert Kathleen Röber die Vorteile. Anders als bei einer Stadtführung kann man Nürnberg auf eigene Faust erkunden. Die App enthält Bilder, Videos, Lieder und kurze Texte mit Wissenswertem. Allein durch den Irrhain bietet sie zwölf Touren. Doch mit der Anwendung lassen sich weitere Orte in Nürnberg erkunden. „Es gibt auch einen Nürnberger Astronomieweg und einen Sonnenuhrenweg“, sagt Kathleen Röber.

Auch bietet die App einen Rundgang zum Thema verfolgte Schriftsteller. Oder einen Weg zu Maria Sybilla Merian, der in der Nähe des Kettenstegs beginnt. Maria Sibylla Merian hat mehrere Bücher herausgebracht, die im Original in der Historisch-Wissenschaftlichen Abteilung der Stadtbibliothek lagern“, erklärt Röber. Merian (1647-1717) war Naturforscherin und Künstlerin, lebte und wirkte zeitweise in Nürnberg und gilt als Wegbereiterin der Insektenkunde. Zu jener Zeit war eine solche Karriere für eine Frau sehr ungewöhnlich.

Die App LiteraTouren auf dem Smartphone.
Die App auf dem Smartphone / © Sorapop / Adobe Stock

Weitere Touren sind in Arbeit, etwa ein Rundgang zum Thema 650 Jahre Stadtbibliothek Nürnberg. Über die Jahrhunderte musste die Bibliothek häufig ihren Standort wechseln. In ihrer bewegten Historie spiegelt sich die wechselvolle Nürnberger Stadtgeschichte. Auch die Spuren englischer Schriftsteller, die zu Besuch in der fränkischen Metropole waren, kann man bald mit LiteraTouren erkunden. Die literarischen Rundgänge überschreiten bereits Nürnbergs Grenzen: „Es gibt einen Friedrich-Rückert-Weg in Erlangen, ein Jakob-Wassermann-Weg in Fürth ist in Planung“, erzählt Röber.

Der aus Fürth stammende jüdische Schriftsteller Jakob Wassermann (1873-1934) gehörte mit seinen Erzählungen und Romanen zu den produktivsten Literaten der wilhelminischen und der Weimarer Zeit. 1933 verboten die Nationalsozialisten seine Bücher, ein Jahr später starb er verarmt in Österreich. Friedrich Rückert (1788-1866) war Dichter, Übersetzer, Sprachgenie und gilt als Begründer der deutschen Orientalistik. Angeblich beherrschte er rund 40 Sprachen. In Erlangen wirkte Rückert 14 Jahre lang als Professor für Orientalische Sprachen und Literaturen.

Die App LiteraTouren lebe vom Engagement der Nutzerinnen und Nutzer, sagt Kathleen Röber: „Wir sind offen für Vorschläge.“ Wer Ideen für weitere literarische Touren habe, könne sich gerne bei ihr melden. Ein weiteres Vorhaben für die Zukunft: Die App soll in andere Sprachen übertragen werden, vor allem Englisch. Dann können auch ausländische Touristinnen und Touristen Nürnberg als Ort der Literatur erkunden.

Text: Philipp Demling

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